Personelles
«Wir müssen die Betriebe begleiten und unterstützen»
Ende August 2021 geht Direktor Christoph Andenmatten in Pension. Er blickt auf mehr als 30 Jahre Verbandsgeschichte zurück. Rob Neuhaus hat mit ihm gesprochen.
Vom Saasertal im Wallis an die Seestrasse in Zürich – da mussten in Ihrem Leben ein paar Weichen gestellt werden. Welches waren die wichtigsten?
Christoph Andenmatten: Ich habe bereits mit elf Jahren mein Elternhaus verlassen, um die Schule im Kollegium in Brig zu besuchen. Dann studierte ich an der Universität Bern Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. Anschliessend machte ich mich im Wallis an die Anwaltsprüfung und arbeitete in Anwaltspraxen. Nach mehreren Jahren beim Bankverein in Basel im Bereich Sanierung und Restrukturierung von Firmen schaute ich mich um und ein Personalvermittler arrangierte 1990 ein Treffen mit der Verbandsspitze der Schweizerischen Metall-Union SMU im Bahnhofbuffet Zürich. Kurz danach unterschrieb ich den Arbeitsvertrag.
Die 1990er-Jahre bleiben als wachstumsschwach in Erinnerung. Wie wirkte sich das auf unsere Branche aus?
Es herrschte eine hohe Inflation, unter anderem eine Folge des Börsencrashs mit dem Schwarzen Montag am 19. Oktober 1987. Zahlreiche Betriebe hatten zu wenig Aufträge, was einige mit Kurzarbeit überbrücken konnten. Viele waren mit finanziellen und arbeitsrechtlichen Problemen konfrontiert, mussten Leute entlassen, restrukturieren, und es gab deutlich mehr Konkurse als vorher. Das war eine sehr schwierige, aber auch interessante Zeit, weil wir die Unternehmen in rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Fragen unterstützen konnten.
Die Anforderungen haben sich laufend verändert – Umwelt, Normen, Vorschriften, Gesetze etc. Wie hat das den Verband geprägt?
Wir können nur auf politischer Ebene und mit einem geschlossenen Auftritt aller Wirtschaftsverbände etwas erreichen. Jede neue Regelung hat am Schluss zusätzliche Kosten für die Unternehmen zur Folge. Erfolgreich sind wir in der Normenumsetzung, zusammen mit unseren europäischen Partnerverbänden. Wir können als Nicht-EU-Mitglied die Normen zwar nicht mitbestimmen, aber wir können die Umsetzung frühzeitig angehen und unsere Mitglieder darin unterstützen.
Wie gelingt es trotz der hohen Beanspruchung von Unternehmern und Fachleuten, diese für das Engagement für die Branche zu gewinnen?
Wir haben im Zentralvorstand ein Anreizsystem geschaffen, das nicht auf Entlöhnung basiert, sondern die Vorteile und den Wert der Verbandstätigkeit in den Vordergrund stellt. Die Erfahrungen, das Netzwerk, der Gedankenaustausch, das Verhandeln, das Kompromissfinden in den Gremien sind ein Gewinn für den Unternehmer.
Die Ausbildung sieht sich mit einem Schub an Technologie und Digitalisierung konfrontiert. Wie kann man auf solche Entwicklungen reagieren?
Im Verband reagieren wir schnell, und bezüglich technischer Entwicklungen sind die Unternehmer in unseren Kommissionen ganz vorne dabei. Wir wissen genau, was läuft, und dieser Know-how-Transfer ist ein wesentlicher Teil des Verbandserfolgs. Die Neuerungen müssen aber in die Berufsbildung integriert werden, und sofern dies Änderungen in den Berufsbildungsverordnungen nach sich zieht, dauert das Verfahren beim SBFI (Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation) noch zu lange.
Metallbau, Landtechnik und Hufbeschlag – unsere Sparten haben sich stark verändert. Wie kann man alles unter einen Hut kriegen?
Das ist ein permanenter Spagat. Man kann das nicht lösen, indem man nach Gemeinsamkeiten sucht, sondern gemäss dem, was allen einen Nutzen bringt. Das sind zum Beispiel das Bildungszentrum Aarberg, der gemeinsame Gesamtarbeitsvertrag, ein gemeinsames Backoffice, die Sozial- und Ausgleichskassen. So haben die Fachverbände einen grösseren Nutzen, als wenn sie das alles allein stemmen müssten.
Wie hat sich die Wahrnehmung der Leistungen, die unsere Mitglieder für die Gesellschaft erbringen, in der Politik verändert?
Wir haben Gehör in der Politik und in der Verwaltung. Was aber nach wie vor katastrophal schlecht ist, ist die Vertretung von KMU-Unternehmern in der Politik. Wir haben aktuell das Glück, mit Diana Gutjahr und Fabio Regazzi im Nationalrat vertreten zu sein. Aber Unternehmen und Politik sind fast nicht mehr gleichzeitig zu bewältigen.
Sind wir für die Zukunft gerüstet?
Die Baubranche boomt, die Metallbauunternehmen haben volle Auftragsbücher. Aber, und das ist mir ein Rätsel, der Preiskampf hat sich überhaupt nicht entspannt. Die neue Entwicklung mit dem Building Information Modeling (BIM), der total vernetzten Planung im Bauwesen mit hohem Investitionsbedarf, wird die Branche verändern. In der Landtechnik besteht eine hohe Abhängigkeit vom politischen Umfeld, aber technisch ist die Branche extrem fortgeschritten. Es wird eine Strukturbereinigung geben, der heutige Maschinenpark besteht bald aus mehr Software als Mechanik. Das bedingt eine andere Ausbildung und Infrastruktur, und das können allenfalls nicht alle Betriebe lösen. Für uns heisst das weiterhin, dass wir die Betriebe begleiten und unterstützen, dies bei der Aus- und Weiterbildung und in vielen anderen Bereichen.
Wie können wir uns das Leben des pensionierten AM-Suisse-Direktors vorstellen?
Ich habe keine grossen Pläne. Ich nehme mir etwas Zeit für eine Konsolidierungsphase mit meiner Frau und meinem Hund und werde dann Ausschau halten für eine Freiwilligenarbeit, zum Beispiel mit alten Leuten oder Kindern. Ich hatte hier eine sinngebende Tätigkeit, und ich würde gerne noch weiterhin einer solchen nachgehen.
Wir wünschen Ihnen dabei viel Freude und danken Ihnen für alles, was Sie für uns erreicht haben.
Die Langversion dieses Interviews finden Sie unter www.amsuisse.ch