metall+du
«Wir müssen auf die Bedürfnisse von Jugendlichen eingehen»
Die Anzahl abgeschlossener Lehrverträge im Metallbau ist zum ersten Mal seit vier Jahren wieder gestiegen – eine Entwicklung, die beibehalten werden soll. Was sind die aktuellen Herausforderungen in der Nachwuchsförderung und wie können diese gemeistert werden?
Auf diese Fragen suchen Thomas Achermann und Luc Musy, Mitglieder der Arbeitsgruppe metall+du, im Interview Antworten.
Interview:
Welches Fazit zieht ihr punkto Nachwuchsförderung aus dem letzten Jahr?
Thomas Achermann (TA): Wir haben uns sehr darüber gefreut, dass eine Steigerung von 15 % der abgeschlossenen Lehrverträge gegenüber 2020 verzeichnet wurde. Es ist das erste Mal seit längerem, dass die Zahlen gestiegen sind.
Luc Musy (LM): Der Anstieg freut mich persönlich sehr. Wir hoffen natürlich, dass wir mit unseren Aktivitäten auch dazu beitragen konnten. Ich bin der Meinung, dass man sich den Nachwuchs selbst erarbeiten muss, und deshalb ist es wichtig, die eigenen Berufe aktiv zu bewerben. Daran arbeiten wir stetig.
Welche Herausforderungen stellen sich den Unternehmen aktuell?
TA: Ich denke, der Aufwand wird häufig unterschätzt. Etwas überspitzt gesagt: Egal, ob man Lernende oder Fachkräfte sucht, man sollte gleich viel investieren. Es ist heutzutage Realität, dass sich Jugendliche mit guten Schulnoten ihre Lehrstelle auswählen können.
LM: Genau. Es geht darum, festgefahrene Muster zu durchbrechen. «Wir haben es schon immer so gemacht» ist einfach kein Argument. Was ich persönlich sehr aufschlussreich finde, sind Gespräche mit Jugendlichen aus meinem Umfeld. Es ist wichtig, die Bedürfnisse der Jungen zu kennen.
Wie können Jugendliche heutzutage abgeholt werden?
LM: Eine richtige Antwort darauf gibt es nicht. Es ist wichtig, überall präsent zu sein.
TA: Das sehe ich auch so. Menge und Vielfalt machen es aus: eine aktuelle Website haben, an Berufsmessen teilnehmen, auf Social Media aktiv sein, aber auch der Austausch mit dem eigenen Umfeld – alles ist wichtig.
LM: Um für zukünftige Lernende attraktiv zu sein, muss man als Unternehmen aktiv sein. Bei uns im Betrieb bieten wir beispielsweise Berufserkundungsnachmittage für Sekundarschülerinnen und -schüler an und haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht.
TA: Was sicher an Bedeutung gewonnen hat, sind die Softskills. Ein tolles Team, Wertschätzung und klare Ziele sowie gute Betreuung während der Ausbildung werden immer bedeutender. Gerade diese Softskills sollten betont werden, denn sie heben das eine Unternehmen vom anderen ab.
Die Schnupperlehre ist nach wie vor zentral bei der Lehrstellensuche. Wie haben sich die Bedürfnisse der Jugendlichen diesbezüglich verändert?
LM: Die Gesellschaft ist schnelllebiger geworden und das zeigt sich auch bei Schnupperlehren. Oft ist es nicht mehr realistisch, ganze Schnupperwochen anzubieten. Unternehmen sollten flexibler sein und auch Jugendliche für ein oder zwei Tage bei sich aufnehmen.
TA: Ja, auf diese Bedürfnisse müssen wir eingehen. Beide Seiten merken schnell, ob es passt oder nicht, und verlängern kann man immer.
Was machen Metallbauunternehmen bereits gut? Was können sie noch besser machen?
LM: Solche Pauschalaussagen sind immer schwierig. Viele Unternehmen haben mit Schnuppernachmittagen oder Lernenden-Projekten schon tolle Aktivitäten umgesetzt. Ich bin aber auch der Meinung, wir könnten uns noch stärker voneinander inspirieren lassen. Wieso nicht nachfragen, wie ein Projekt umgesetzt wurde, wenn man zum Beispiel in den sozialen Medien darüber liest? Gemeinsam können wir die Nachwuchsförderung weiterbringen.
TA: Das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Ich beobachte auch, wie Betriebe offener und einladender geworden sind. Das ist super!
Was macht die Berufe im Metallbau zukunftsfähig?
TA: Die Digitalisierung hat auch vor unseren Berufen nicht halt gemacht und das ist eine enorme Chance. Wenn sich junge Menschen für die Arbeit mit modernsten Maschinen interessieren, finden sie das in einem grösseren Betrieb. Wer aber lieber den «klassischen» Weg gehen möchte, kann dies sehr gut in einem kleineren Unternehmen tun.
LM: Die Entwicklung bietet uns mehr Möglichkeiten und macht unsere Arbeit genauer. Wir sollten das stärker in den Diskurs einfliessen lassen und so mehr Leute für unsere Berufe interessieren.
Die Kampagne metall+du möchte genau das: mehr Junge für die Berufe im Metallbau begeistern. Gelingt das?
TA: metall+du möchte möglichst viele Anknüpfungspunkte schaffen. Dazu gehört, dass Unternehmen gratis Ausstellungsmaterial für Messen oder Schnuppernachmittage beziehen können. Mit gezielter Medienarbeit und in den sozialen Medien möchten wir das Bewusstsein für unsere interessanten Berufe steigern.
LM: Der Verband arbeitet ausserdem seit kurzem mit der Lehrstellenplattform Yousty zusammen. Diese ist in den letzten Jahren zur Anlaufstelle Nummer eins geworden bei der Lehrstellensuche.
TA: Ich möchte auch gerne wieder einmal auf unsere Schnupperlehrbox hinweisen. Diese kann von Betrieben kostenlos bestellt werden und enthält nützliche Informationen und Goodies für Schnupperlernende.
Welchen Schwerpunkt hat die Arbeitsgruppe für 2022 gesetzt?
LM: Letztes Jahr haben wir das Projekt «metall+du macht Schule» lanciert, welches wir weiter ausbauen. Beim Projekt geht es darum, dass geschulte Metallbau-Botschafter Werkklassen besuchen und ihnen die Arbeit mit Metall näherbringen – mit Erfolg. Das positive Feedback treibt uns weiter an.
TA: Ich freue mich ebenfalls darauf, das Projekt in den Regionen noch mehr auszubauen. Wir sehen grosses Potenzial und erachten die Zusammenarbeit mit Schulen als sehr wichtig. Ausserdem stehen die SwissSkills in Bern an. Wir setzten alles daran, unsere Berufe bestmöglich zu präsentieren.
Was wünscht ihr euch für das Jahr 2022?
LM: Dass die aufgegleisten Massnahmen die beabsichtigten Erfolge zeigen und die Anzahl der besetzten Lehrstellen weiter steigt.
TA: Mehr Lehrstellen sind sicher ein Ziel. Ich erhoffe mir ausserdem viele erfolgreiche Botschaftereinsätze und einen Anstieg an versandten Schnupperlehrboxen.