Weltweit einmalige Seilnetzbrücke im Emmental
Drahtseiltechnik
Eine elegante, neuartige Hängebrücke überquert seit November 2020 die Trub in Trubschachen im Emmental. Der ortsansässige Hersteller von Edelstahlseilen Jakob Rope Systems wagte etwas Neues: Erstmals hängt eine Brücke an einem Drahtseilnetz anstelle der üblichen Hängerseile.
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Drahtseiltechnik
Weltweit einmalige Seilnetzbrücke im Emmental
Eine elegante, neuartige Hängebrücke überquert seit November 2020 die Trub in Trubschachen im Emmental. Der ortsansässige Hersteller von Edelstahlseilen Jakob Rope Systems wagte etwas Neues: Erstmals hängt eine Brücke an einem Drahtseilnetz anstelle der üblichen Hängerseile.
Der Neubau dieser Hängebrücke für Fussgänger und Velofahrer bot für Jakob Rope Systems die Möglichkeit, in unmittelbarer Nähe des Firmensitzes ein weltweit einzigartiges Projekt zu wagen. Das bekannteste Produkt der Firma, das Seilnetz «Webnet», wird erstmals als Substitut für Hängerseile eingesetzt.
Die Brücke besteht aus einer verspannten Konstruktion von Tragseilen und Brückenträgern sowie einem Seilnetz. Dieses gegenseitige Verspannen erhöht die Struktursteifigkeit und minimiert die Anfälligkeit von grösseren Verformungen und Schwingungen, die bei Hängestrukturen teilweise zu beobachten sind. Der Einsatz des Seilnetzes als Substitut erlaubt auch den Verzicht auf eine zusätzliche Absturzsicherung.
Sieben Querjoche für die Träger
Die Brücke mit ihrer Gesamtlänge von 25,8 m ist durch ihre Ausrichtung eine geradlinige Weiterführung der anschliessenden Quartierstrasse auf der Himmelhausmatte. Dadurch ergibt sich eine leicht schräge Querung der Trub. Die freie Spannweite des Brückenträgers zwischen den Pylonen beträgt 21,5 m. Die Brückenbreite von 2,2 m erlaubt dem 5 t schweren Gemeindetraktor das Schneeräumen im Winter. Ausgelegt ist die Brücke auf eine Nutzlast von 4,0 kN/m 2 .
Die Gehebene aus Gitterrosten lagert auf vier Stück HEA 140 Längsprofilen, welche über die freie Spannweite auf sieben Querjoche gelagert sind und durch das Verspannen über die Netzstruktur einen Bogen mit einem Stich von 280 mm aufweisen. Dieser Stich ist so gewählt, dass die resultierende Steigung die Nutzung für Mobilitätsbeeinträchtigte gewährt.
Die Querjoche mit den abgewinkelten Zwillingsauslegern, die sich nach aussen hin verjüngen, koppeln die Vertikalkräfte aus den Längsträgern mit den seitlich angeordneten Längsrohren (ROR 88,9 x 5,0). Die Form der Querjochelemente ermöglicht einerseits reduzierte Abstände für die Längsrohrlagerung und andererseits resultiert dadurch eine Virendeelwirkung des Brückenträgers für die Brückenqueraussteifung. Die Längsrohre, welche die Netzlast auf die Querjoche verteilen, enthalten in ihrem Hohlraum auch die Führung von elektrischen Leitungen. Mittels Gabelköpfen mit Aussengewinden ist die oberhalb des Längsrohrs angeordnete Reling (ROR 42,4 x 3,2) für die Netzanbindung gekoppelt.
«Die Brückenkonstruktion inklusive Gitterroste ist rund 12 t schwer und auf Schwergewichtslösungen aus Stahlbeton gelagert und verankert.»
Edelstahlnetz am Tragseil
Das Edelstahlnetz besteht aus Seilen von 3 mm Durchmesser, 6 x 19+WC, welche mit Hülsen, bei einer Maschenweite von 80 mm, verbunden sind. Knotenfestigkeiten sowie Kraft- und Dehnungsverhalten wurden vorgängig mittels Tests ermittelt. Das Netz wurde unter Berücksichtigung des Kompensationsabzugs und der konstruktiven Abzüge exakt auf die finale Form als Stück hergestellt. Dieser Ansatz, ohne Anpassungen vor Ort, ermöglicht eine effiziente Montage und eine Übereinstimmung mit der Bemessung.
Angebracht ist das Seilnetz an das Tragseil von 26 mm Durchmesser, einem offenen Edelstahlspiralseil 1 x 37, beidseitig mit Jakob Forte-Gabeln mit Spannschlössern versehen. Das Tragseil weist einen Stich von 2,4 m auf seine Spannweite von 23,7 m auf, woraus ein Verhältnis f/l = 1/10 resultiert. Die Tragseile sind an den Pylonkopflaschen angebracht, zusammen mit den Abspannstangen Jakob Forte – M36 und dem Rückhalteseil.
Die 5,3 m hohen Pylone aus geschweisstem Hohlprofil sind gelenkig gelagert und tragen auf ihrem Querriegel die Längsprofile des Brückenträgers. Diese sind mittels Bolzenverbindungen mit den Pylonen verbunden. Die Brückenkonstruktion inklusive Gitterroste ist rund 12 t schwer und auf Schwergewichtslösungen aus Stahlbeton gelagert und verankert.
Bauablauf
Nach der Erstellung der Fundationen erfolgte die Montage der Pylonen, welche temporär positioniert wurden. An die errichteten Pylonen wurden temporäre Trag- mit bereits angebrachten Hängerseilen angebracht.
Der Brückenträger wurde als Stück in der Werkstatt zusammengefügt, von Erlenbach nach Trubschachen transportiert und mittels Pneukran eingehoben. Gehoben wurde der Täger an den gleichen Punkten, wo die temporären Hängerseile angebracht und der Träger somit gesichert wurde. In regelmässigen Abständen wurden anschliessend temporäre Kettenzüge angebracht, um den Brückenträger mit der Verspannung zum Tragseil in Position zu bringen. Mehrmaliges Einmessen der verschiedenen Bauelemente während des Bauvorgangs ermöglichte eine effiziente Montage und verhinderte aufwändige Justierungen auf der Baustelle.
Das Schwingungsverhalten beim Begehen der Brücke, welches bei Hängestrukturen kritisch sein kann, konnte als nicht kritisch eingestuft werden. Seit der Fertigstellung werden regelmässig Seilkräfte gemessen, um weitere Erfahrungen zu Langzeiteffekten zu sammeln.
Gegenüber konventionellen Lösungen hat der gewählte Ansatz, trotz wohl möglichem erhöhtem Planungs- und Installationsaufwand, wirtschaftlich seine Berechtigung, da auf eine zusätzliche Absturzsicherung und auf aufwändige Tragseilhalter verzichtet werden kann.
Trubschacher Gemeinschaftsprojekt
Besonders an der Brücke ist neben ihrer Konstruktion auch die partnerschaftliche Zusammenarbeit von privaten und öffentlichen Bauherren. Die Brücke ist ein Gemeinschaftsprojekt der Trubschacher Firmen Thuner Bau AG, der Pensionskasse der Kambly SA und Jakob Rope Systems sowie der Gemeinde Trubschachen.
Für die Einwohner der Gemeinde Trubschachen bietet die Brücke eine direktere Verbindung zum Bahnhof. Insbesondere für die Schulkinder des Dorfes besteht nun ein verkehrssicherer Veloweg, der abseits der stark befahrenen Kantonsstrasse verläuft. Auch konnte so eine Lücke im nationalen Velowegnetz geschlossen werden. Feierlich eröffnet wurde die Brücke nach ihrer Fertigstellung im November 2020 durch Geissbock Billy, der mit Alphornhintergrundklang die Brücke als Erster überschritt.
Das Objekt demonstriert die Innovativität der Firma Jakob, indem eine völlig neue Konstruktionsweise erprobt wurde und die umfassenden Leistungskomponenten in einem Projekt zusammenkommen: vom Engineering und der Planung, der Herstellung bis hin zur Montage und Überwachung. Auch zeigt die Brücke schön auf, dass bei den Anwendungsmöglichkeiten von Seilnetzen wie Webnet noch viel Neuland zu entdecken ist. ■
Bautafel / Panneau de chantier
Bauherrschaft:
Gemeinde Trubschachen
Projektbeteiligte:
Entwurf / Bemessung der Brücke: Jakob Rope Systems, Trubschachen
Bemessung Fundationen: Wüthrich Ingenieur und Planungs AG, Langnau
Stahl-/ Metallbau: von Niederhäusern AG, Erlenbach
Baumeisterarbeiten: Thuner Bau AG, Trubschachen
Seil- und Netzkonstruktion: Jakob Rope Systems, Trubschachen
Sponsoring:
Gemeinde Trubschachen
Pensionskasse Firma Kambly
Thuner Bau AG
Jakob Rope Systems