
Bergstation und Richtstrahlturm Titlis
Vier Schweizer Unternehmen für einen Gipfel
Auf dem Titlis entstehen nach den Plänen von Herzog & de Meuron eine neue Bergstation mit Gastrobetrieb und ein ikonenhafter Richtstrahlturm, der eine Bar, ein Restaurant und eine Aussichtsterrasse beherbergen wird. Für die anspruchsvollen Stahl- und Metallbau- sowie Fassadenarbeiten haben sich vier Partner zusammengeschlossen: die Aepli Metallbau AG aus Gossau SG, die Wetter Gruppe aus Stetten, die Josef Meyer Stahl und Metall AG aus Emmen sowie die Ruch Metallbau AG aus Altdorf
Der Gipfel des Titlis gehört international zu den bekanntesten Tourismusdestinationen der Schweiz. Seine Bergstation auf 3020 m ü. M. erreicht man von Engelberg aus mit der Rotair-Seilbahn. Rund 300 Meter entfernt von der Bergstation auf dem Gipfel befindet sich der 50 Meter hohe Richtstrahlturm aus den 1980er-Jahren. Ein unterirdischer Stollen verbindet den Turm mit der Bergstation. Die bestehende Infrastruktur der Bergstation aus dem Jahr 1967 wurde bereits mehrmals erweitert und umgebaut, stösst jedoch mittlerweile an ihre Kapazitätsgrenzen. Daher wurde 2017 das Basler Architekturbüro Herzog & de Meuron mit dem «Projekt Titlis» beauftragt. Der Masterplan für den gesamten Gipfel sieht vor, die Bergstation zu erneuern und den Richtstrahlturm touristisch zu aktivieren. Das umfasst den Neubau der Bergstation und den Ausbau des Richtstrahlturms.
Logistische Herausforderungen
Bauen im hochalpinen Gelände folgt eigenen Gesetzen. So ist die aktive Bauzeit auf die schnee- und eisfreien Monate von April bis Ende Oktober beschränkt. In dieser Zeit muss besonders effizient und unter Hochdruck gearbeitet werden. Allerdings können auch dann noch starke Winde, kalte Temperaturen und Schneefall, aber auch die intensive Sonneneinstrahlung oder Gewitter die Arbeiten beeinträchtigen. Hinzu kommen die logistischen Herausforderungen, da das gesamte Material sowie Bauteile und Baumaschinen auf den Berg hoch oder auch hinunter transportiert werden müssen: Zwischen 2024 und 2029 fallen allein rund 40 000 Tonnen Abbruchmaterial an, die ins Tal gebracht, und rund 70 000 Tonnen Neubaumaterial, die auf eine Höhe von 3000 Meter hinauf befördert werden müssen.
Aufgrund der engen Platzverhältnisse und der Gewichtsbeschränkungen in der Seilbahn müssen die Bauteile mit Hunderten von Transporten just in time angeliefert werden. Diese Transporte können ausschliesslich in der Nacht stattfinden, da die Seilbahn tagsüber dem Tourismus vorbehalten ist. Zudem sind jeweils die maximalen Abmessungen für den Seilbahntransport strikt einzuhalten, darunter das Maximalgewicht von 3000 kg pro Ladung. Von der Bergstation aus muss die Ware dann noch mittels Raupenfahrzeug die rund 300 Meter zum Turm transportiert werden. Stefan Schmid, Teamleiter der Aepli Metallbau AG, erklärt: «Die Anlieferung durch den Unternehmer findet bis zur Talstation in Engelberg statt, danach ist die Bergbahn zuständig für den Transport bis in den Schwenkbereich der Montagemittel.» Im Fall des Turms ist auf jedem der vier stählernen Erschliessungsstrukturen ein Kran montiert, in dessen Schwenkbereich von rund neun Metern das Material entladen und platziert werden kann. Fassadenelemente werden mit dem Helikopter befördert, hier liegt die Gewichtsbegrenzung bei optimalem Wetter bei 2200 kg.
Gebündelte Kompetenzen
Um die höchst anspruchsvollen Stahl- und Metallbau- sowie Fassadenarbeiten bestmöglich bewältigen zu können und Wissen sowie Erfahrungen zu bündeln, haben sich vier Schweizer Unternehmen zu einer Partnerschaft zusammengeschlossen. Die Stahl- und Metallbaukompetenzen der Ruch Metallbau AG, der Wetter Gruppe und der Josef Meyer Stahl und Metall AG werden nahtlos ergänzt durch die Aepli Metallbau AG, die ihre Kompetenzen im Fassadenbau einbringt. «Eigentlich sind wir ja Mitbewerber, doch beim «Projekt Titlis» sind wir Partner, die sich optimal ergänzen und gemeinsam als starkes Team auftreten», erklärt Matthias Elmer, CEO der Aepli Metallbau AG. Und ergänzt schmunzelnd, dass die Partnerfirmen gern auch als <Schweizer Nationalmannschaft> auftreten. Als Partner hätten sie bei der Ausschreibung durch ihre Expertise, Leistungsfähigkeit und Fachkompetenz überzeugen und die ausländischen Mitbewerber in Schach halten können. Zudem haben alle vier Unternehmen Erfahrungen mit diversen Projekten auf hochalpinen Baustellen nachzuweisen. «Jedes Unternehmen hat diejenigen Arbeiten übernommen, für die es am erfahrensten und am kompetentesten ist», betont Marc Kreissig, Projektleiter bei der Wetter Gruppe. «Die Schnittstellenkoordination, der regelmässige Abgleich und der Erfahrungsaustausch auch mit den anderen Gewerken ist eminent wichtig und findet in regelmässigen Abständen statt», ergänzt Stefan Schmid von Aepli.
«Jedes Unternehmen hat diejenigen Arbeiten übernommen, für die es am erfahrensten und am kompetentesten ist.»
Der Richtstrahlturm
Die von der Post als Richtstrahlturm erstellte hochaufragende Stahlkonstruktion prägt den Gipfel des Titlis schon seit den 1980er-Jahren. Nach den Plänen von Herzog & de Meuron wird der gewaltige Infrastrukturbau nun in eine ikonische Figur transformiert: Zum einen werden die bestehenden vier Vertikalträger um vier Erschliessungsstrukturen erweitert, welche helfen, die erhöhten Lasten abzutragen. Zudem übernehmen zwei der Erschliessungstürme die Aufzüge, während die beiden anderen die Treppen aufnehmen. Andererseits werden in die bestehende Struktur zwei verglaste Stahlkörper eingeschoben. Die beiden balkenartigen Volumen liegen kreuzförmig übereinander und bieten Raum für eine neue Bar und ein Restaurant für rund 330 Gäste. Diese werden neu per Lift in den Titlis-Turm und von dort aus zur Aussichtsterrasse gelangen. Für die Umsetzung der vier Erschliessungstürme am Titlis-Turm ist die Ruch Metallbau AG verantwortlich. Das Unternehmen fertigt, liefert und montiert die Konstruktionen bestehend aus Stahlbautragstrukturen mit je vier Rohrstützen und Diagonalverstrebungen. Die Stahltragstrukturen werden innenliegend mit der verglasten Fassade abgeschlossen, die aus Stahlrohrrahmen und einem Pfosten-Riegel-Aufsatzsystem besteht. Diese von Ruch entwickelte modulare Fassadenlösung verkürzt die Montagezeiten vor Ort erheblich. Eine wichtige Voraussetzung, um die Arbeiten unter den schwierigen Hochgebirgsbedingungen effizient ausführen zu können und trotzdem eine hohe Qualität zu gewährleisten. Marc Erb, der neben seiner Tätigkeit als Projektleiter bei Ruch auch Bergführer ist, beschreibt die Faszination für die Arbeiten am Titlis-Turm wie folgt: «Das sind genau die Projekte, die wir bei Ruch suchen. Wir lieben es, solche hochkomplexen Herausforderungen anzugehen und Lösungen zu finden, die nicht immer direkt auf der Hand liegen.» Die Ruch Metallbau AG arbeitet am Turm Hand in Hand mit der Wetter Gruppe. Das Unternehmen verfügt über 75 Jahre Erfahrung in der Planung, Produktion und Montage von Stahlkonstruktionen. Die Wetter Gruppe ist am Turm für die Demontagearbeiten sowie für die Planung und Ausführung des neu zu erstellenden Stahltragwerks der eingeschobenen Baukörper und für die Besucherplattform verantwortlich. Die Elementfassade, die grösstenteils aus Glas besteht, wird von der Aepli Metallbau AG umgesetzt. Die komplette Fertigstellung des Turms ist für Frühling 2026 geplant.
Kristalline Bergstation
In der letzten Etappe soll zwischen 2026 und 2029 die neue Titlis-Bergstation erstellt werden. Dafür wird zunächst die bestehende Seilbahnstation umgebaut, um ihre Struktur in das neue Gebäude zu integrieren. Neu wird ein komplexes, dreidimensionales Tragwerk die Last des Gebäudes in den unter der Bergstation verlaufenden Felsgrat leiten. Das Tragwerk wird aus Zug- und Druckstützen bestehen, die einen hallenartigen Innenraum aufspannen und eine kristallin wirkende Hülle aus Aluminium und Glas tragen.
In ihrer Form wird sich die neue Bergstation der örtlichen Topografie anpassen: Gemäss Entwurf schiebt sich eine geneigte Ebene in die Halle hinein und verbindet das Perron-Geschoss über den geplanten Rolltreppen mit einem höher liegenden Ausgang. Die geneigte Ebene setzt sich weiter nach unten fort und mündet in einen Rundgang unterhalb der Seilbahnstation. Im obersten Geschoss der Bergstation werden zwei Restaurants mit insgesamt rund 600 Sitzplätzen realisiert.
Die Josef Meyer Stahl und Metall AG wird im Sommer 2025 mit den Vorbereitungsarbeiten beginnen. «Da die Bergstation bei laufendem Betrieb umgebaut bzw. neu gebaut wird, führt dies zu einigen Herausforderungen», betont Roman Schwyter, Projektleiter Stahlbau. Um den Personenfluss während der ganzen Bauarbeiten sicherstellen zu können, wird in Richtung Südwesten zuerst ein provisorisches Tragwerk errichtet und ein Teil der neuen Fassade wenige Meter vor der alten Fassade errichtet. Im Raum dazwischen wird eine Fussgängerpasserelle die Besucher um den Altbau zur Aussichtsterrasse und zum Turm führen. Der Verkehrsfluss wird somit bestehen bleiben, während Teile des Bestands rückgebaut und gleichzeitig am Neubau gearbeitet werden kann. Aus statischen Gründen werden gewisse Gebäudebereiche des Neubaus mit Spannkabeln gesichert, als zusätzliche Fixierung hin zum bestehenden Massivbau. Josef Meyer plant und konstruiert den gesamten Stahlbau. Die Montage wird die Wetter Gruppe übernehmen.
Für die Planung, Herstellung und Montage der Fassadenelemente und Blechverkleidungen ist die Aepli Metallbau AG verantwortlich. Aepli wird beim Richtstrahlturm wie auch bei der Bergstation eine Elementfassade einbauen, bestehend aus einer Dreifachisolierverglasung und Aluminium. Der hohe Vorfertigungsgrad wird es erlauben, vor Ort komplette Elemente zu montieren. Aepli wird zudem weitere Teile als Metallfassade aus Chromstahl und feuerverzinkten Stahlblechen liefern und montieren. Das «Projekt Titlis» wird nicht nur eine architektonische und ästhetische Aufwertung der Infrastruktur auf dem Berg mit sich bringen, sondern auch eine deutliche Verbesserungen der energetischen Effizienz. Obwohl der Neubau 85 Prozent mehr Nutzfläche bieten wird, soll der Wärmebedarf um die Hälfte reduziert werden können. Die Arbeiten an den verschiedenen Teilprojekten verlaufen bisher planmässig. 2029 sollen die laufenden Bauvorhaben abgeschlossen sein. ■
Bautafel
Objekt:
Bergstationen Titlis, Engelberg
Bauherrschaft:
Titlis Bergbahnen, Engelberg
Architekt:
Herzog & de Meuron, Basel
Stahl- und Metallbau:
-Aepli Metallbau AG, Gossau
-JOSEF MEYER Stahl und Metall AG, Emmen
- RUCH Metallbau AG, Altdorf
-WETTER Gruppe, Hallen- Stahl- + Metallbau, Stetten