Valser Quarzit und Holz prägen die Fassade
Transparente Konstruktionen
Im 1250 Meter über Meer gelegenen Bergdorf Vals GR entstand das neue Wohn- und Geschäftshaus «Balma» mit seiner beeindruckenden Fassade. Sie trägt die Handschrift eines japanischen Stararchitekten einerseits und helvetischer Ingenieurs- und Montagekunst andererseits. Zudem zeigt die Fassade das Kernprodukt der Bauherrschaft – den Valser Quarzit – in Kombination mit einheimischem Holz auf beste Art und Weise.
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Transparente Konstruktionen
Valser Quarzit und Holz prägen die Fassade
Im 1250 Meter über Meer gelegenen Bergdorf Vals GR entstand das neue Wohn- und Geschäftshaus «Balma» mit seiner beeindruckenden Fassade. Sie trägt die Handschrift eines japanischen Stararchitekten einerseits und helvetischer Ingenieurs- und Montagekunst andererseits. Zudem zeigt die Fassade das Kernprodukt der Bauherrschaft – den Valser Quarzit – in Kombination mit einheimischem Holz auf beste Art und Weise.
Beeindruckend und einzigartig wirkt die an Drahtseilen hängende Fassadenverkleidung des neuen Wohn- und Geschäftshauses im südlichen Teil des Bergdorfes Vals. Rund 880 horizontal schwebende Quarzitplatten und 500 Lärchenbretter stapeln sich auf allen Fassadenseiten in regelmässigen Abständen zueinander in die Höhe. Wer genau hinschaut, stellt fest, dass die einzelnen Platten unterschiedliche Längen aufweisen und – so scheint es – wild angeordnet sind. Über die ganze Fassade betrachtet, bilden die Enden der einzelnen Fassadenteile jedoch klare, schräg verlaufende Linien. Dieselben Geometrien treffen auch in den Eckbereichen aufeinander, was jeweils zu schräg nach innen abfallenden und verspielt wirkenden Linien führt.
Ein Name mit Schutzwirkung
Das Gebäude, auch «Balma» genannt, trägt die Handschrift des japanischen Stararchitekten Kengo Kuma. Die Bauherrschaft, die steinverarbeitende Truffer AG in Vals, baut seit über 40 Jahren südlich des Dorfes Quarzit ab. Valser Quarzit – auch Valser Gneis genannt – ist ein grau bis grünlich wirkender, geschieferter und feinkörniger Stein. Mit seinen hellen Adern und Augen gilt er als variantenreich.
Schon sehr früh holte die Bauherrschaft Kengo Kuma mit ins Boot. Der Architekt ist weltweit bekannt für futuristische Bauten, an denen er Stein und Holz speziell in Szene setzt. So auch am Haus «Balma».
Kengo Kuma hielt sich für die Ideenfindung mehrere Male in Vals auf, im Dorf und in den Bergen, und liess sich von der beeindruckenden Bergwelt inspirieren. Aus der Ferne betrachtet, sieht Vals mit seinen Häusern mit den Steinschindeldächern aus, als würden Steine über dem Tal schweben. Dieses Bild mit den schützenden Steinen (von den Einheimischen «Balma» genannt) wollte er in einem besonderen architektonischen Detail aufgreifen. Jedenfalls berücksichtigt der Mix aus Stein und Holz zwei zentrale Elemente aus der nahen Umgebung.
Das ganze Gebäude ein Showroom
Das Untergeschoss ist ein riesiger Showroom. Hier können verschiedenste Elemente aus unterschiedlichstem Valser Gneis betrachtet und gefühlt werden. Im Erdgeschoss hinter der hochtransparenten Glasfront befinden sich der Empfang sowie weitere Räumlichkeiten. Und überall werden Truffers Steine in unterschiedlichsten Formen und an verschiedensten Bauteilen in Szene gesetzt. Nicht zu vergessen ist dabei natürlich die Fassade. Sie trägt die Produkte der Unternehmung auf eindrückliche, aber auch eigenwillige Art und Weise nach aussen.
Auch das Innenleben des Gebäudes ist beeindruckend. So führt beispielsweise eine hinterleuchtete Steintreppe durch eine diagonal im Gebäude verlaufende Felsspalte vom Erdgeschoss zu den beiden Wohnebenen im dritten und vierten Geschoss.
Fassadenverkleidung mit schwebenden Platten
Die der thermisch isolierenden Fassadenhülle vorgesetzten Stein- und Lärchenplatten scheinen, als würden sie schweben. An vertikal schräg gespannten Edelstahlseilen von 8 mm Durchmesser liegen sie auf jeweils vier runden, in den Platten versenkten Seilbüchsen. Aufgrund der unterschiedlich schräg verlaufenden Seile war eine grosse Vielfalt an Seilbüchsen – mit unterschiedlich schräg verlaufenden Bohrungen – erforderlich. So weisen die 5534 Seilbüchsen insgesamt 55 verschiedene Klemmgeometrien auf. Die Klemmwirkung wird durch Madenschrauben erreicht. Die 460 Edelstahlseile lassen sich bei einer Gesamtlänge von 1055 m in 262 unterschiedliche Längen aufteilen.
Weitgehend bruchsicher ausgeführt sind die Platten des glimmernden Valser Quarzits. Die 25 mm dicken Elemente sind ähnlich wie ein Verbundsicherheitsglas aufgebaut.
Jede Platte wurde in zwei 12 mm dicke Teile geschnitten und anschliessend mit einer gewebeverstärkenden Einlage zu einer Einheit von 25 mm Gesamtstärke verklebt. Diese Methodik macht die Platten resistenter gegen temperaturbedingte Ausdehnungen und weitere physikalische Einflüsse. Die Flächen sind kugelgestrahlt und gebürstet, was die vielen Farben und Muster des Valser Quarzits optimal zum Vorschein bringt.
Technik
Die architektonische Idee ist das eine, die technische Umsetzung das andere. Hierfür wandte sich die Bauherrschaft an die Reba Fassadentechnik AG in Chur. Als verantwortlicher Projektleiter wirkte Mario Russi (heute selbstständiger Metallbautechniker und Ingenieur bei Cladding AG). Nach entsprechenden konstruktiven Arbeiten, Berechnungen und Studien wurde ein Mock-up gebaut, um der Bauherrschaft die optische Wirkung zu demonstrieren sowie die vorgesehene Technik zu bestätigen.
Die Edelstahlseile sind an den oberen Enden mit Gabeln bestückt. Diese hängen an Bolzen gesichert an den Metallösen der massiven, umlaufenden Untersichtsbleche.
Die Drahtseilspannung erfolgt jeweils unten über speziell hergestellte Spannvorrichtungen mit gelenkig gelagerten Wippen. Die ständig unter Zug stehenden Edelstahlseile müssen den allgemeinen Zug sowie zusätzliche Zugkräfte durch Wind oder Längenreduktionen aus Temperaturänderungen aufnehmen und abtragen können. Die berechnete und eingestellte Seilspannung liegt generell bei 500 kg pro Seil. Hiermit wird bei einer Überspannung von 15 mm eine Stabilität erreicht, sodass die Seile auch bei starkem Wind oder manueller Anregung nur leicht vibrieren. Die statischen Werte resultieren aus dem Statikmodul des Seillieferanten Jakob Rope Systems. Zum Vergleich: Beim Mock-up wurden die Seile zu Versuchszwecken sogar mit 1000 kg belastet.
Die eingebaute Zugvorrichtung ist so ausgelegt, dass die Seile bei Bedarf nachgespannt werden könnten. Jedoch wird dies gemäss Berechnung in den nächsten acht Jahren kaum der Fall sein.
Montage
Da die Montage dieser Fassade speziell und seilbezogen war, wurde die auf Seiltechnik spezialisierte Unternehmung Gebrüder Tüfer GmbH aus Küblis beauftragt. Die Berechnungen und Pläne der Montage-Referenzpunkte und Montagehilfen entstanden im technischen Büro der Reba Fassadentechnik. So wurden spezielle Ständerkonstruktionen entwickelt, die ein genaues Positionieren und Ausrichten der liegenden Platten ermöglichte, bevor die Edelstahlseile hindurchgeführt und gespannt wurden. ■
Bautafel
Bauherrschaft:
Steinproduktion Truffer, Vals
Architektur:
Kengo Kuma & Associates, Tokio
Ausführungsplanung, Bauleitung:
Spreiter + Partner, Flims Dorf
Tragwerksplanung:
Widmer Ingenieure, Chur
Fassadenplanung:
Reba Fassadentechnik AG, Chur (Projektleitung Mario Russi)
Fassadenmontage:
Tüfer Gebr. GmbH, Küblis
Technische Daten
Anzahl Steinpaneele : 882 Stück
Anzahl verschiedene Stein-Geometrien: 94
Steingewicht: 21 Tonnen
Steinpanelfläche: 370 m 2
Holzpaneele: 501 Stück
Anzahl verschiedene Holz-Geometrien: 67
Holzpanelfläche : 230 m 2
Anzahl Seilbüchsen: 5534 Stück
Anzahl Klemm-Geometrien : 55
Anzahl Edelstahlseile: 460 Stück
Anzahl verschiedene Seillängen: 262
Total Seillängen : 1055 m