Spiegelndes Vordach über der Vorfahrt
Bauen mit Metall
Ein neues, dominantes und edel glänzendes Vordach breitet sich über dem bescheiden überdachten Eingangsbereich und der Vorfahrt des Blatter’s Arosa Hotel aus. Getragen von einer ausgeklügelten Stahlkonstruktion schützt es vor Regen und Schnee. Das Treiben auf dem Vorplatz spiegelt sich in der Untersicht.
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Bauen mit Metall
Spiegelndes Vordach über der Vorfahrt
Ein neues, dominantes und edel glänzendes Vordach breitet sich über dem bescheiden überdachten Eingangsbereich und der Vorfahrt des Blatter’s Arosa Hotel aus. Getragen von einer ausgeklügelten Stahlkonstruktion schützt es vor Regen und Schnee. Das Treiben auf dem Vorplatz spiegelt sich in der Untersicht.
Das gehobene, familiengeführte Blatter’s Arosa Hotel, 1915 als Sanatorium erstmals eröffnet, liegt am südlichen Berghang rund einen Kilometer über dem Bahnhof Arosa. Der Haupteingang mit seiner Vorfahrt wurde im Winter immer wieder mit Schnee und Eis bedeckt und machte das Passieren für Gäste und Fahrzeuge schwierig. So entschieden sich die Eigentümer und Betreiber, den Eingangsbereich mit einem zusätzlichen – zum Teil über das bestehende Dach geschobenen – Vordach zu schützen. Für die Ausführung wurde die Merkle Metallbau AG in Chur beauftragt.
Voluminöse Masse – leichte Wirkung
Tritt man vom Eingangsbereich einige Meter zurück und betrachtet das Vordach aus einer gewissen Distanz, so beeindruckt die voluminöse Metallscheibe, die im Grundriss einem Trapez nahekommt, durch ihre optische Leichtigkeit. Bewirkt wird dieses Phänomen durch den schräg von der Untersicht ansteigenden Dachrand und die im Durchmesser reduzierten Verbindungskonsolen zwischen Stützen und Untersicht. Getragen wird die 12,4 m x 8, 3 m grosse und 625 mm hohe Scheibe von drei markanten Stützen aus spiralgeschweissten Stahl-Rundrohren mit einem stattlichen Durchmesser von 610 mm und einer Wandstärke von 6,3 mm. Während die beiden Aussenstützen die Kräfte direkt auf die Bodenfundamente abtragen, steht die dritte Stütze auf dem bestehenden Betonvordach. Dieses wiederum wird von der optisch weitergeführten Stahlsäule getragen. Das Meteorwasser wird mit einem separaten Dachwasserablauf über das bestehende Vordach abgeleitet.
Tragkonstruktion aus Stahl
«Bereits in der Angebotsphase klärten wir die Frage, wie und in welcher Form diese komplexe, rund 10 Tonnen wiegende Stahlkonstruktion von Chur nach Arosa transportiert werden sollte», erläutert Roman Stalder, Projektleiter bei der Merkle Metallbau AG, und fügt an: «Dabei war uns wichtig, dass ein möglichst hoher Teil an Wertschöpfung in unserer Werkstatt und ein möglichst kleiner Teil am Montageort erbracht wird. Wir entschieden uns, die ganze Stahlkonstruktion inklusive aller Rippen und Rahmen komplett im Werk zu bauen, diese jedoch in fünf rund 3 m breite, verschraubbare Einheiten aufzuteilen. Dies hatte zur Folge, dass die primären Stahlträger mit speziellen, biegesteifen Verschraubungen zu verbinden waren.»
Die Stahlkonstruktion des Vordachs (generell Stahlqualität S 355) ist für eine Schneelast von 910 kg/m 2 dimensioniert. Zwei horizontal liegende, sich wie ein X kreuzende Stahlträger (HEB 300) nehmen die anfallenden Lasten der ganzen Dachfläche auf und tragen diese auf die drei Stahlstützen ab.
Dieses Trägerkreuz ist von einem umlaufenden Rahmen aus UPE 300 eingefasst. Einzelne, eingeschweisste Stahlrippen aus IPE 300 verbinden das Stahlkreuz mit dem äusseren Rahmen und bilden so das primäre Tragwerk.
Der umlaufende Dachrand weist eine sich gegen aussen verjüngende, ansteigende Form auf. Als Unterkonstruktion dienen einzelne, regelmässig angeordnete Rippen aus lasergeschnittenen Stahlblechen von 10 mm Stärke, die am UPE 300 angeschweisst sind. Der umlaufende Dachrand wird von einem Stahlblech 150 x 5 mm gebildet.
«Wir entschieden uns, die ganze Stahlkonstruktion inklusive aller Rippen und Rahmen komplett im Werk zu bauen, diese jedoch in fünf rund 3 m breite, verschraubbare Einheiten aufzuteilen.»
Statische Besonderheiten
«Da die Konstruktion in fünf vorgefertigten Einzelelementen zu transportieren war, mussten Stahlbauanschlüsse mit höchsten Belastungen nachgewiesen werden», erklärt der von Merkle für die Baustatik beauftragte Ingenieur Mario Russi. «Denn die Trägeranschlüsse müssen grosse Biegemomente aufnehmen können. Dank den Softwares AxisVM und IDEA StatiCa konnte die komplette Verbindung mit der Rotationssteifigkeit und der daraus resultierenden Durchbiegungsvergrösserung nachgewiesen werden. Ein Träger mit geschraubtem Stoss ist immer etwas weicher als ein Träger, der ununterbrochen durchläuft. Ziel ist es jeweils, den Trägerstoss derart steif auszubilden, dass die Verformungsvergrösserung in Folge des Trägerstosses minimal bleibt. Man spricht dann auch von biegesteifen Trägerstössen. Durch aufwändige Berechnungen konnte nachgewiesen werden, dass sich auf Grund der Trägerstösse eine vergrösserte Durchbiegung von ca. 57 mm anstelle von 47 mm einstellt. Diese Durchbiegung konnte in diesem Fall akzeptiert werden.»
Blechverkleidung – verschiedene Materialien
Zur Gestaltung der horizontal liegenden Untersicht kam Edelstahlblech Finish 2R von Kohler mit 2 mm Stärke zur Anwendung. Die Verblechung ist so ausgelegt, dass die Edelstahlbleche in Flachform ohne Biegearbeiten gehalten werden konnten, um allfällige Verwerfungen, die sich negativ auf das Spiegelbild auswirken könnten, zu vermeiden. Die Befestigung der Bleche erfolgte mit Edelstahl-Grosskopfnieten, welche bei den berechneten Ausdehnungen Zwängungsfreiheit gewähren.
Für den umlaufenden, vertikal und schräg abfallenden Dachrand kamen pulverbeschichtete Aluminiumbleche von 3 mm Stärke zur Anwendung. Für die gerundeten Eckpartien wurden rundgewalzte Flachbleche mit lasergeschnittenen Blechbögen zu Einheiten verschweisst. Die gerundeten Untersichtssegmente sind vor Ort durch Verwindung aufgepasst worden. Die permanente Belüftung des Vordach-Hohlraums gewähren die offenen Fügungen zwischen Untersicht und Dachrand, welche mit Insektenschutzgittern bestückt sind.
Zusammenbau und Montage
Die erwähnten fünf Elemente und die Stützen wurden liegend, mit einem Spezialtransport, nach Arosa gefahren. Auf dem grossen Parkplatz des Hotels wurden die Einzelelemente mit Untersicht nach oben zu einer Einheit verschraubt.
Anschliessend erfolgte das Auflegen und Befestigen der spiegelnden Edelstahlbleche, dann die Montage des Aluminium-Dachrands.
Nun folgte das Husarenstück: Nach der Montage der ersten zwei Stützen kam es – durch Anheben mit dem Kran – zur Aufrichtung der kompletten Dachkonstruktion. Dies nicht über die Breitkante, sondern über die Hochkante, was den spitzen Dachrand über 10 m in die Höhe ragen liess.
Damit das Dach auf der unteren Breitseite nicht weggleiten oder durch das Eigengewicht gestaucht oder deformiert werden konnte, entwickelte und baute Merkle eine spezielle Hilfskonstruktion zur Fixierung.
Als der Zenit der Höhe erreicht war, wurde das Dach angehoben, über die Achse geschlagen und langsam wieder niedergelegt. Anschliessend folgte das Umhängen der Traggurten und dann das Anheben in liegendem Zustand, das Aufsetzen auf die Stützen und die Verschraubung. ■
Bautafel
Objekt:
Blatter’s Arosa Hotel, Arosa
Architekt:
Planergemeinschaft Hansjürg Erismann, Thusis, und Daniel Schmid, Chur
Stahl- und Metallbau:
Merkle Metallbau AG, Chur
Statik:
Mario Russi, Cladding AG, Landquart