Stahlbau
Schwebender Carport auf exzentrischer Säule
Schwebend und leicht ist er, der stählerne Carport, der auf nur einer exzentrisch platzierten Stahlsäue lagert. Direkt am Fuss der Maienfelder Berge, zwischen zwei Gebäude eingeschoben, bietet er Schutz vor Regen, Schnee und kalten Winden. Die Zielvorgaben der Bauherrschaft erforderten in Anbetracht der räumlichen Situation spezielle Ingenieur- und Stahlbauleistungen.
Die räumliche Situation zwischen den beiden Privatgrundstücken in Maienfeld war gegeben. Auf der linken Seite befindet sich das Wohnhaus der Bauherrschaft mit Hauseingang und Glasvordach, auf der rechten Seite die Begrenzungsmauer des Nachbargrundstücks und ein Gebäude. Der Freiraum zwischen den erwähnten Begrenzungen entspricht in seiner Grundform einem Trapez. Während vorn auf der Zufahrtsseite rund 8,5 m zur Verfügung stehen, reduziert sich die Breite gegen die Bergseite auf rund 6,3 m. Die Vorgabe der Bauherrschaft lautete: ein Fahrzeugunterstand, der absolut autonom steht und in keiner Weise an das Gebäude angebunden ist. Zudem soll er zwei grosszügigen Personenwagen Schutz bieten und das Ein- und Aussteigen sowie den Zugang zum Wohnhaus angenehm halten und nicht einengen.
Als Erstes war eine Lösung in Form eines Zelts mit stark erhöhtem Giebel angedacht, welche das Werk sehr dominant hätte erscheinen lassen. Im Zuge der Weiterentwicklung, welche auch andere, raffinierte Konstruktionsmethoden in Stahl enthielt, wurde die einst hohe Form eines Zelts zur unauffälligen Form einer Scheibe komprimiert, welche dem Werk schliesslich auch die leichte Form gibt.
«So schlicht und leicht der Fahrzeugunterstand wirkt, so anspruchsvoll war seine Entwicklung», erklärt Kurt Hauenstein als Architekt und fügt an: «Die trapezförmige Dachfläche mit lediglich 2% Gefälle sowie die exzentrische Lagerung auf nur einer Säule stellten bei den zu erwartenden Wind- und Schneelasten verschiedene nicht zu unterschätzende Anforderungen im Bereich der Lastabtragung, der zu verhindernden Deformierung, der Herstellungs- und auch Montageprozesse. Somit war in der Entwicklungsphase viel Innovationsgeist und Ideenreichtum gefragt.»
Geschweisste Konstruktion
Die Dachfläche weist eine maximale Breite von 7,08 m und eine maximale Tiefe von 5,98 m auf. Die Entwässerung erfolgt über zwei Speier gegen die Bergseite. Im Grundsatz besteht die Konstruktion aus einer tragenden Säule, acht vom Zentrum her ausstrahlenden Rippen und einer aussen aufgekanteten Dachfläche.
Für die Säule kam ein starkwandiges, nahtloses Stahlrohr der Qualität S 355 mit Durchmesser 406 / 12 mm zur Anwendung. Sie steht in einem ebenfalls rund ausgebildeten Betonfundament von 0,70 m Höhe. Im Fundamentbereich wurden dem Säulenrohr drei horizontale Verstärkungsringe angeschweisst, die einerseits vor Deformierungen schützen und andererseits einen festen Halt im Fundament gewährleisten. Die acht sich wie Sonnenstrahlen von der Säule her ausbreitenden Rippenprofile bestehen aus wasserstrahlgeschnittenen Stahlblechen der Qualität S 235 und tragen die vier Dachflächenbleche von 10 mm Stärke der Qualität S 355. Da die erwähnten Rippen starke Hebelwirkungen auf die Rohrwand abgeben, wurde das Rohr im oberen Bereich ebenfalls mit zwei innenliegenden, eingeschweissten Stahlblechringen von 20 mm verstärkt. Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten sowie der Transportmöglichkeiten entschied sich die Tobler Metallbau AG, den Carport weitgehend in Einzelteile anzuliefern und vor Ort zusammenzubauen und zu verschweissen.
Säule oben geschlitzt
Die erwähnten Rippen sind nicht – wie es von weitem her den Anschein macht – aussenseitig an die Rohrwand geschweisst. Sie sind durch acht längsförmige Ausschnitte in das Rohr geführt und auf der Innenseite, unterstützt durch vertikal ausgerichtete Verstärkungshabschalen von 15 mm Stärke, mit dem Säulenrohr am Bau verschweisst. Für die Ausrichtung diente eine spezielle Lehre.
Die vier Dachflächenbleche von 10 mm Stärke weisen umlaufend einen Aufbug von 100 mm auf und sind über jeder zweiten Rippe von oben kraftschlüssig miteinander verschweisst. Für diese Verschweissungen sind die Bleche im Fügungsbereich mit rechteckigen Ausschnitten – die so ein Langloch bilden – versehen worden. Die Dachfläche selbst ist mit einer Dichtfolie belegt.
«Um die vorderen Dachkanten mit oder ohne Last linientreu und gerade zu halten, musste bei der Verschweissung eine exakt definierte Überhöhung eingehalten werden.»
Statik und Montage
«Um die vorderen Dachkanten mit oder ohne Last linientreu und gerade zu halten, musste bei der Verschweissung exakt definierte Überhöhung eingehalten werden», erklärt der für die Statik beauftragte Mario Russi, Inhaber der Cladding AG – Ingenieure am Seil, Landquart. «Bereits die Eigenlasten der Dachbleche führten gemäss Berechnungen im Randbereich zu Durchbiegungen, die es zu neutralisieren galt. Aufgrund der unterschiedlichen Rippenabstände und Blechgrössen waren unterschiedliche Zug- und Lastverhalten zu berücksichtigen und Verformungen von bis zu 30 mm vor dem Verschweissen zu neutralisieren.»
Zu diesem Zweck wurde jede einzelne Rippe mit Spriesswinden auf die vordefinierte Zielhöhe gerichtet und dann verschweisst. Die Zielhöhe berücksichtigte eine Überdrückung zur Erreichung der geforderten Vorspannung. Nach Entfernung der provisorischen Unterspriessung zeigten sich die äusseren Blechkanten linientreu und gerade. Die ganze Dachhaut steht unter Zug und gewährleistet den berechneten statischen Widerstand. Ohne diese generierte Vorspannung durch Überdrücken nach oben hätte die Zugspannung nicht stattgefunden und die Fachfläche wäre instabil gewesen. ■
Bautafel
Objekt:
Autounterstand privat, Maienfeld
Bauherrschaft:
Privat
Architekt:
Atelier-f AG, Fläsch
Stahl,- Metallbau:
Tobler Metallbau AG, Haldenstein
Statik:
Cladding AG (Mario Russi) – Ingenieure am Seil, Landquart