Neues Denken und Handeln reduziert Kosten und Bauzeit
Methoden – Techniken – Instrumente
Gegen Ende des vergangenen Jahres konnte die Erneuerung und Erweiterung der Migros im Herblinger Markt abgeschlossen werden. Zukunftsweisend ist, dass dieses doch sehr komplexe Bauvorhaben unter Anwendung einer neuen Handlungs- und Denkmethode entstanden ist. Mit dem Ziel, die Bauzeit zu verkürzen und die Gesamtkosten – gegenüber einem herkömmlichen Bauablauf – signifikant zu reduzieren, ging die Bauherrschaft, zusammen mit innovativen und querdenkenden Unternehmern, neue Wege.
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Methoden – Techniken – Instrumente
Neues Denken und Handeln reduziert Kosten und Bauzeit
Gegen Ende des vergangenen Jahres konnte die Erneuerung und Erweiterung der Migros im Herblinger Markt abgeschlossen werden. Zukunftsweisend ist, dass dieses doch sehr komplexe Bauvorhaben unter Anwendung einer neuen Handlungs- und Denkmethode entstanden ist. Mit dem Ziel, die Bauzeit zu verkürzen und die Gesamtkosten – gegenüber einem herkömmlichen Bauablauf – signifikant zu reduzieren, ging die Bauherrschaft, zusammen mit innovativen und querdenkenden Unternehmern, neue Wege.
Der Herblinger Markt in Schaffhausen ist zwischen 1979 und 2001 in verschiedenen Ausbauetappen entstanden. Die Erneuerung und Erweiterung des Teils «Migros im Herblinger Markt» wurden 2020 realisiert. Der bestehende Gebäudeteil wurde komplett ausgehöhlt und teilweise erweitert.
Zur Ausführung der Stahl- und Metallbauarbeiten holte die Bauherrschaft die Pletscher Metallbau AG, Schleitheim, mit ins Boot. Reto Wetter, Inhaber und Geschäftsführer der Pletscher Metallbau AG, gegenüber der «metall»: «Für unsere Firma, aber auch für mich persönlich erwies sich dieses Projekt als spannende und erfahrungsreiche Herausforderung auf verschiedensten Ebenen. Zum einen kamen wir in den Genuss, viele verschiedene Stahl- und Metallbauarbeiten wie Überdachungen, Innen- und Aussenfassaden, Windfänge, Brandschutztüren, Pergolen, Fluchttreppen, Geländer und viele weitere Spezialanfertigungen auszuführen.
Zum anderen aber machten wir mit der neuen Denkweise, immer das Hauptziel – nämlich die optimale Lösung für das gesamte Bauvorhaben – im Visier zu haben, spannende Erfahrungen. Wir erlebten komplett neu gedachte Auftragsvergabe-Methoden, Geschäftsphilosophien, Zusammenarbeiten und Abläufe, die sich von herkömmlichen Denkmustern markant unterscheiden.
Um es auf den Punkt zu bringen: Der frühzeitige Miteinbezug der beteiligten Firmen, die Art der Auftragsvergaben, die enge Zusammenarbeit mit den anderen Unternehmungen, die Planungstechnik, die entstandenen und gewonnenen Vorlaufzeiten, die Optimierungen der Montagen, das Termin- und Zeitmanagement, die neue Logistik und der stetige Gedanke, die Leistungen auf das Hauptziel ausgerichtet zu erbringen, haben uns an diesem Werk wachsen lassen.»
«Wir machten mit der neuen Denkweise, immer das Hauptziel – nämlich die optimale Lösung für das gesamte Bauvorhaben – im Visier zu haben, spannende Erfahrungen.»
Neues Modell für die Zusammenarbeit
Dieses Projekt unterscheidet sich in der Aufbau- und Ablauforganisation markant von anderen Bauprojekten dieser Grösse. Die üblichen, altbekannten Modelle wurden beiseitegelassen. Stattdessen kam die Lean-Construction-Methode in Verbindung mit einer BIM-tauglichen Planung und dem Open-Book-Ansatz (volle Kostentransparenz) zur Anwendung.
Eine frühzeitige, koordinierte, firmenübergreifende und partnerschaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe, welche sich auf die gemeinsame Wertschöpfung fokussiert, stand im Zentrum des Geschehens.
Die am Objekt beteiligten Ausführungs-Unternehmungen wurden aufgrund einer vorausgegangenen Beurteilung durch die Bauherrschaft ausgewählt. Auf eine Ausschreibung, wie man sie üblicherweise kennt, wurde komplett verzichtet. Es war nicht das Ziel, den günstigsten Unternehmer zu finden, sondern den hierfür geeignetsten: einen Unternehmer, der diese Philosophie versteht, sich mit seiner ganzen Erfahrung miteinbringt und die Idee mitträgt. Die Unternehmer hatten nicht Submissionen zu rechnen und Angebotsrunden zu überstehen, sie mussten im Sinne einer Open-Book-Philosophie im Vorfeld ihre kalkulierten Kosten und Gewinne präsentieren.
Somit standen nicht Abgebote und Erfüllungsgarantien im Zentrum, sondern die spezifische Eignung für eine kooperative Zusammenarbeit und die gemeinsamen Chancen und Gefahren während der gesamten Projektdauer.
Die auserwählten Firmen wurden bereits in der Projektphase in die Planung eingebunden. Dadurch konnten die einzelnen Gewerke zu einem sehr frühen Zeitpunkt mit der Bauherrschaft, der Architektur, den Ingenieuren und Schnittstellen-Unternehmungen entwickelt und optimiert werden. Als Planungsgrundlage diente eine BIM-Plattform. Dieses Vorgehen verhinderte den Verlust an Informationen und schützte vor Doppelspurigkeiten in der Planung. Zudem ermöglichte es schnellere Umsetzungen bei höherer Ausführungsqualität.
BIM als Grundvoraussetzung
Die Anwendung von Building Information Modeling (BIM) bildete für alle beteiligten Unternehmungen eine technische Grundvoraussetzung. Der komplette Bau – vom Fundament über die Fassade bis zur hintersten elektrischen Leitung – wurde vorgängig dreidimensional geplant und möglichst viele Gebäudeinformationen wurden im Voraus digital modelliert. Der dadurch entstandene digitale Zwilling gehörte zum Kern des Geschehens. Als technische Hilfsmittel wurden – um nur die wichtigsten zu nennen – BIM mit den Plattformen BIMcollab Zoom + BIG, die BIM-Box für Koordinationsbesprechungen der Gewerke, Sharepoint für den Datenaustausch und LCM für die Termin- und Ablaufplanung eingesetzt. Dazu kamen bauseitige Tablets für die Monteure mit dem Gesamtmodell sowie eine eigene Baustellenlogistik.
Die Pletscher Metallbau AG verwendete TEKLA für die Ausführungsplanung der Stahlbauten und die externen Fachplaner Solide Works für die Metallbauarbeiten. Der Mensch mit seinem Know-how stand bei der gesamten Ausführung im Mittelpunkt, wurde jedoch durch die neusten Technologien unterstützt.
Der Fokus liegt auf dem Endprodukt
Bei diesem Projekt stellte sich immer die Frage, was ist wichtig beim Bauen? Womit können Vorteile in Bezug auf das optimale Endprodukt geschaffen werden. Welche Wege und Massnahmen sind zielführend? Wo kann für welchen Zweck das grösste Wissensvakuum abgeholt werden?
Mit herkömmlichen Methoden – so die Aussagen von Fachspezialisten – sei es kaum mehr möglich, die Gesamtbaukosten merklich zu senken und die Durchlaufzeiten entsprechend zu kürzen. Beim Objekt Migros im Herblinger Markt konnte die Bauzeit von üblicherweise zwei Jahren auf etwas über ein Jahr reduziert werden. So wurden beispielsweise sämtliche Bohrungen an der Decke – für alle Gewerke und Unternehmungen – mit einem bauseits organisierten Bohrroboter von Hilti in einem Arbeitsgang vorgenommen. Die entsprechenden Koordinaten wurden vom BIM-Modell implementiert. Zudem markierte der Roboter die einzelnen Bohrungen – je nach Gewerk – in unterschiedlichen Farben.
Für den Güterverkehr auf dem Baustellenareal war eine spezielle Logistik-Truppe zuständig. Sie transportierte mit geeigneten Hilfsmitteln alle Art von Materialien an ihren Zielort. Kein Stahlbaumonteur, kein Sanitärinstallateur beispielsweise musste sich mit Staplerarbeiten herumschlagen. Auch Hebebühnen wurden von der Bauherrschaft gestellt und konnten je nach Bedarf benutzt werden. Es ging immer darum, Doppelspurigkeiten und die Verschwendungen von Ressourcen zu vermeiden. Die Arbeiten wurden neu verteilt und gedacht. Immer mit der Prämisse, dass sie von demjenigen ausgeführt werden, der am besten dafür geeignet ist und so, dass sie nur einmal gemacht werden müssen.
Gewisse Arbeiten, wie beispielsweise die Montage von Konsolen, waren auf ein Portal gesetzt. Die Frage dahinter: Wer kann diese Konsolen am besten und zeitgerecht montieren? Wer ist sowieso vor Ort? Eine zentrale Leistung, die vom optimalen Partner erbracht werden soll. Die Verrechnung erfolgte – wie alles – gemäss Aufwand und Rahmenvertrag.
Montagetermine und die ganze Logistik wurden komplett digital vernetzt und gesteuert. Betreut wurde das System vom sogenannten «Digitalen Bauleiter».
Zufriedene Unternehmer
«Durch das neue Zusammenarbeitsmodell entstand ein «Herblinger-Markt-Spirit», welchen wir in dieser Form auf einer so grossen Baustelle noch nie erleben durften», erklärt Reto Wetter. «Die lösungsorientierte Zusammenarbeit aller Gewerke war bespiellos» – so Wetter weiter – «auch die Corona-Situation konnte durch dieses flexible Modell ohne grössere Probleme bewältigt werden. Für uns als Stahl- und Metallbauunternehmung entstand durch die frühzeitig abgeschlossene Planung viel Freiraum für die Straffung unserer internen Betriebsabläufe. Ein grosser Anteil an Vorfertigungen, ein hoher Wertschöpfungsgrad und schlanke Abläufe waren das Resultat bei der Verarbeitung dieses vielschichtigen, heterogenen Projekts mit rund 210 Tonnen Stahlanteil und unzähligen unterschiedlichen Blechen.
So macht Bauen wirklich Spass und es entsteht eine Win-win-Situation für alle Beteiligten. Der Slogan «wir bauen gerne – miteinander» wurde hier nicht nur schön präsentiert, sondern gelebt. Ich hoffe, dass noch mehr Investoren dieses enorme Potenzial erkennen und sich auf diese neue Art des Bauens einlassen.» ■
Bautafel
Objekt:
Migros, Einkaufszentrum Herblinger Markt, Schaffhausen
Bauherrschaft:
Genossenschaft Migros Ostschweiz, Gossau SG
Gesamtprojektleitung:
Genossenschaft Migros Ostschweiz, Gossau SG
Architektur:
Innoraum AG, Frauenfeld
Stahl- und Metallbau:
Pletscher Metallbau AG, 8226 Schleitheim
Fachplaner Stahl / Metall:
ps Metalltechnik GmbH, Benken
Das Fachregelwerk Metallbauerhandwerk – Konstruktionstechnik enthält im Kap. 1.4.5 wichtige Informationen zum Thema «Ausführung von Stahlbauten.»