Mut zu Innovationen
Brandschutz
Ein einzigartiges Brandschutztürsystem für die Erweiterung landseitiger Passagierflächen am Flughafen Zürich: multifunktional, nachrüstbar und bestückt mit architektonischen Elementen, so wurden die Prototypen dieses neuen Systems von der Firma Fünfschilling AG, Allschwil, gebaut und auf Brand- und Rauchresistenz sowie Dauerhaftigkeit am Prüfinstitut ift Rosenheim erfolgreich geprüft
Login
Danke für Ihr Interesse an unseren Inhalten. Abonnenten der Fachzeitschrift metall finden das Login für den Vollzugriff im Impressum der aktuellen Printausgabe. Das Passwort ändert monatlich.
Jetzt registrieren und lesen. Registrieren Sie sich um einzelne Artikel zu lesen und einfach per Kreditkarte zu bezahlen. (CHF 5,- pro Artikel)
Als registrierter Benutzer haben Sie jederzeit Zugriff auf Ihre gekauften Artikel.
Sollten Sie als interessierte Fachkraft im Metall-, Stahl- und Fassadenbau die Fachzeitschrift metall tatsächlich noch nicht abonniert haben, verlieren Sie keine Zeit und bestellen Sie Ihr persönliches Abonnement gleich hier.
Brandschutz
Mut zu Innovationen
Ein einzigartiges Brandschutztürsystem für die Erweiterung landseitiger Passagierflächen am Flughafen Zürich: multifunktional, nachrüstbar und bestückt mit architektonischen Elementen, so wurden die Prototypen dieses neuen Systems von der Firma Fünfschilling AG, Allschwil, gebaut und auf Brand- und Rauchresistenz sowie Dauerhaftigkeit am Prüfinstitut ift Rosenheim erfolgreich geprüft
Das Architekturbüro Dürig AG aus Zürich gewann 2014 den Architekturwettbewerb «Erweiterung landseitiger Passagierflächen» mit dem Konzept, die Flughafeninfrastruktur zu einem Erlebnis zu machen. Unter der Food Hall zwischen dem Parking P2 und P3 befindet sich die Erschliessung der Passagierflächen des Flughafens Zürich, die mit über 340 pivotierten Türelementen die Bogenfassade bilden. Die mittig gelagerten, einflügligen Türelemente werden zickzack-förmig aneinandergereiht und sollen so eine Fassadenkonstruktion mit einer Brandschutzanforderung von EI30, einer Rauchdichtigkeit S200 sowie einer Dauerfunktion von mindestens 10 000 Zyklen erfüllen. Das Konzept beruht darauf, dass alle Pivot-Türen während der Betriebszeiten offen stehen und in der Nacht geschlossen werden. Im Brandfall wird durch die Brandfallsteuerung ein Impuls an den Haltemechanismus der Elemente gesendet und die Türelemente schliessen und verriegeln sich selbstständig. In der Bogenfassade sind die Fluchttüren mit grünen Push-Bars gekennzeichnet, um die Fluchtmöglichkeit im Havariefall zu gewährleisten. Jedes Element kann individuell nachgerüstet werden.
Projektierungsphase mit Hürden
Während der Projektierungsphase sah sich das Fachplanungsbüro PPEngineering GmbH, Basel, mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert und prüfte in einer Machbarkeitsstudie die marktüblichen Brandschutzsysteme und versuchte mit diesen Systemen eine Lösung zu finden. Kein System jedoch erfüllte die diesbezüglichen Anforderungen.
Daher entschieden sich die Verantwortlichen, ein neues System zu entwickeln, das auf die Erfüllung aller Anforderungen ausgerichtet ist. Die entsprechenden Anforderungen wurden in Zusammenarbeit mit den Behörden und Brandschutzfachplanern definiert, wobei festgestellt wurde, dass für diese Definitionen des Bauteils selbst noch viel Spielraum besteht. Als anspruchsvoll erwies sich auch die genaue Kategorisierung der Brandschutzelemente. Denn:
- eine Türmontage beispielsweise erfolgt in der Regel in eine vorgesehene Leibung oder in eine tragende Konstruktion. Bei aneinandergereihten Pivot-Türen sieht die Situation jedoch anders aus.
- die Brandschutzelemente (auch Wände) dienen als Rauchabschluss, aber bewegliche Brandschutzwände kannte man bis anhin nicht.
- Brandschutztüren sind üblicherweise einflüglige oder zweiflüglige Elemente, jedoch nicht mehrflügelig.
- Einige Elemente sind beweglich und teilweise 4,0 Meter hoch, somit eher Brandschutztore.
- Zudem stellte sich aufgrund der speziellen Zickzack-Geometrie der Elemente grundsätzlich die Frage, wie diese geprüft werden können.
So fand von Beginn weg ein reger Austausch mit dem renommierten Prüfungsinstitut ift Rosenheim statt, das ohne zu zögern Beratung und Unterstützung bot und definierte, wie die Elemente geprüft werden können und welche Prüfungsreihenfolge sinnvoll ist.
Nach vielen Rücksprachen und Abklärungen einigten sich die Verantwortlichen auf die folgenden Prüfungen: Brandschutzprüfung EI 30 – DIN EN 1634-1und die kombinierte Prüfung selbstschliessende Eigenschaften EN 1191 und Rauchdichtigkeit EN 1634-3.
Innovatives Brandschutzsystem
Die Konstruktion des innovativen Brandschutzsystems erfolgte von Grund auf neu, um die anspruchsvolle Geometrie und die flexiblen Öffnungsmöglichkeiten abzudecken. Alle mechanischen Beschlagselemente wurden im Flügelelement eingebaut, während im Sturz und im Boden lediglich Decken- und Bodenplatten für das Pivot-System von Frits Jurgens vorgesehen wurden.
Die Sturzausbildung besteht aus einem Trägerprofil, belegt mit isolierendem und kühlendem Plattenmaterial sowie einer äusseren Blechverkleidung. Der tragende Grundrahmen ist eine Schweisskonstruktion und besteht aus Stahlblechen von 6 mm Stärke sowie Stahlrohren 120 x 80 x 5 mm. Um diesen statisch tragenden Rahmen im Brandfall zu schützen, ist dieser mit mineralischen Brandschutzplatten beplankt worden.
Profilierung
Als Kernprofile der Elemente dienen U-förmige Stahlprofile. An diesen sind auch die Glasleisten befestigt. Die äussere Verkleidung besteht aus eigens dafür angefertigten Strangpressprofilen aus Aluminium. Direkt dahinter befinden sich Zwischenlagen aus Brandschutzmaterial. Die Nutausbildungen gewähren das Einsetzen der Gummidichtungen. Im Falzbereich der Flügel sind Palusol-Steifen von 2 mm Dicke eingelegt, die bei einer Temperatur von 100 °C aufquellen. Beidseitig umlaufende Gummidichtungen gewähren die geforderte Rauchdichtigkeit. Der Drehbeschlag ist im Flügelrahmen eingebaut, was nur minimale Eingriffe am Baukörper erfordert.
Prototypen für die Prüfungen
Wie bei vielen Projekten spielte auch hier der Faktor Zeit eine wesentliche Rolle. Ende Juni 2023 wurden die Genehmigungspläne freigegeben und die Ausführung der zwei Prototypen der Firma Fünfschilling AG übergeben. Ziel war es, im September 2023 die Prüfungen beim akkreditierten Prüfungsinstitut ift Rosenheim durchzuführen. Um diesen Termin nicht zu gefährden, sind die Betonelemente bereits Ende Mai 2023 bestellt worden, denn der Beton erforderte zwingend eine Aushärtungsphase von drei Monaten.
Um erste Erfahrungswerte zu sammeln, wurde parallel zur Profilherstellung ein Teilstück des Rahmens der svt Group of Companies für einen vorgängigen Rahmen-Brandversuch zugestellt. Das Ergebnis zeigte, dass erst nach 46 min die Rahmentemperatur über den zulässigen Wert von 180° Celsius stieg.
«Der Drehbeschlag ist im Flügelrahmen eingebaut, was nur minimale Eingriffe am Baukörper erfordert.»
Testphase in drei Schritten
Brandschutzprüfung:
Die erste der drei Prüfungen war die Brandschutzprüfung, die beim ift Rosenheim durchgeführt wurde. Als Basis diente das aktuell gültige Prüfungsverfahren für Feuerschutzabschlüsse nach DIN EN 1634-1. Zu Prüfungsbeginn zeigte sich, dass die innovative Konstruktion auch das Interesse der ift-Spezialisten geweckt hatte und diese die Prüfung interessiert mitverfolgten. Die Prüfung verlief beeindruckend gut, die Opferscheibe der Brandschutzverglasung brach in den ersten Minuten und erfüllte den gewünschten Effekt. Die Brandschutzmaterialien reagierten und schützten die Konstruktion und auch nach 30 Minuten hielt die Türkonstruktion dem Belastungstest stand.
Dauerfunktionsprüfung:
Während der Brandschutzprüfung lief in einer weiteren Abteilung der ift-Prüflabore die Dauerfunktionsprüfung mit einem weiteren Prüfkörper. Dieser wurde alle 2500 Zyklen unterbrochen, um die Referenzpunkte zu messen und zu prüfen. Nach 10 000 Zyklen konnte auch hier ein positives Ergebnis realisiert werden.
Rauchdichtigkeitsprüfung:
Als letzte Prüfung folgte die Rauchdichtigkeitsprüfung zur Ermittlung von Leckagen nach EN 1634-3. Geprüft wurde von innen und aussen mit kaltem und mit warmem Rauch. Die Leckage der Prüfkörper lag unter 30 m³/h. Somit war auch die dritte und letzte Prüfung erfolgreich bestanden.
Lohnt sich eine Eigenentwicklung?
Eine Entwicklung im Brandschutzbereich ist aufwändig, so auch bei diesem Projekt. Es traten viele Unsicherheiten auf und die Aufwände für die Lösungsfindungen waren nicht immer einfach abzuschätzen. So ein Projekt erfordert vor allem auch unternehmerischen Mut. Bei diesem Projekt stand das gesamte Generalplanungsteam hinter dem Bauvorhaben und alle Beteiligten haben einen wesentlichen Beitrag zum erfolgreichen Gelingen geleistet. Die Investitionssumme als Zahl war hoch. Jedoch kann aufgrund dieser Entwicklung das Zehnfache eingespart werden, da auf Rauchschürzen und zukünftige Bauwände verzichtet werden kann. Die gesamte Entwicklung dauerte über sechs Jahre und war von Höhen und Tiefen geprägt. Am Schluss jedoch beindrucken die Ergebnisse. ■
Bautafel
Objekt:
Erweiterung landseitiger Passagierflächen
Bauherrschaft:
Flughafen Zürich AG
Architekt:
Dürig AG Zürich
Prüfungsinstitut:
ift Rosenheim (D)
Metallbauer:
Fünfschilling AG, Allschwil
Fassadenplanung:
PPEngineering GmbH, Basel