Nachhaltigkeit in der Branche
Mit neuen Konzepten Energie sparen
Moderne Fassaden sind nicht mehr nur passive Hüllen für den Witterungsschutz, sondern tragen mit verschiedenen gebäudetechnischen Komponenten aktiv zur Energieeffizienz des Gebäudes bei. Photovoltaik in der Fassade, Fassaden mit Lüftungsfunktionen oder Closed-Cavity-Fassaden führen zu einem deutlich komplexeren Fassadenbau, erhöhen aber auch die Chancen der Wertschöpfung und Spezialisierung im Unternehmen.
Es ist noch gar nicht so lange her, dass die Energieeffizienz von Gebäuden hauptsächlich unter dem Aspekt des Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert) der Gebäudehülle betrachtet wurde. Speziell in den 1990er-Jahren und im ersten Jahrzehnt der 2000er gab es darum vor allem Verbesserungen bei den λ-Werten der Baustoffe und den U-Werten der Bauteile.
So profitierten beispielsweise Fassadenprofile von der Einführung der thermischen Trennung mit Kunststoffstegen und einer immer ausgeklügelteren Kammergeometrie. Der Wärmedurchgangskoeffizient U f für den Rahmen sank dadurch zunächst aus Grössenordnungen von 5 bis 6 W/m²K ohne jede Trennung auf Werte, die heute je nach Produkt und Geometrie in der Spitze um 0,7 W/m²K liegen können.
Parallel zu den Profilen wurden auch die Verglasungen energetisch optimiert. Da waren es vor allem die Beschichtungen mit besonders niedriger Emission (Low-E), die Verwendung von Edelgasen im Scheibenzwischenraum und die Verbesserungen an den Abstandhaltern (Warme Kante), die den U g -Wert der Zwei-Scheiben-Isoliergläser von rund 2,7 W/m²K auf heute 1,0 W/m²K senkten. Mit drei Scheiben sind sogar 0,6 W/m²K möglich.
Die energetische Entwicklung, die bei den Fassadenprofilen und ihren Glasfüllungen innerhalb weniger Jahrzehnte stattgefunden hat, ist also beachtlich. Pfosten-Riegel-Fassaden konnten sich dadurch im modernen energieeffizienten Bauen behaupten, bei dem nicht nur die gesetzlichen Anforderungen, sondern auch die Erwartungen der Bauherren und ihrer Architekten an den Wärmeschutz stetig gestiegen sind. Allerdings kann man nicht unbedingt davon ausgehen, dass das Entwicklungstempo weiter so hoch bleibt. Sicher wird es noch die eine oder andere Verbesserung im Detail geben, aber in einem gewissen Grad dürften die bewährten Materialien und Konstruktionen im Hinblick auf die Energieeffizienz «ausentwickelt» sein.
Weitere Potenziale für die Energieeinsparung und die Senkung der CO 2 -Emissionen bei Gebäuden lassen sich dadurch heute weniger mit einem einzelnen Bauteil wie der Fassade als vielmehr im Gesamtkonzept des Gebäudes erschliessen. Haustechnische Komponenten wie Heizung, Lüftung, Beleuchtung/Tageslichtversorgung, Sonnenschutz und gegebenenfalls auch natürliche Kühlung oder Klimatisierung werden dabei in ihrem Zusammenwirken betrachtet, in zentralen Systemen automatisiert und dadurch energetisch optimal gesteuert. Wo immer möglich, kommen an Ort und Stelle gewonnene erneuerbare Energien zum Einsatz, etwa Erdwärme oder Strom aus gebäudeintegrierter Photovoltaik.
Auf den ersten Blick scheint es sich bei diesen Entwicklungen überwiegend um Lösungen der Gebäudetechnik zu handeln, die den Metall- und Fensterbau nicht unmittelbar betreffen. Tatsächlich stehen diese Konzepte aber vielfach im Zusammenhang mit dem Fassadenbau, etwa bei Sonnenschutzeinrichtungen, bei Photovoltaik in der Fassade oder bei Lüftungslösungen über Luftauslässe mit Wärmetauscher oder automatisierte Fenster. Die Fassade wird dadurch komplexer, weil sie nicht mehr nur passiv gegen Witterungseinflüsse schützt, sondern aktiver Teil des Energiekonzepts und der Haustechnik ist.
Fassaden unter Strom
Am deutlichsten wird die energetisch aktive Funktion moderner Fassaden bei der gebäudeintegrierten Photovoltaik, die nach ihrer englischen Bezeichnung Building-integrated Photovoltaics oft als BIPV abgekürzt wird. Zwar haben senkrechte Fassaden nicht den optimalen Neigungswinkel zur Sonne, der bei Werten um 30 Grad liegen würde. Sie bieten dafür aber in vielen Fällen sehr grosse Flächen für die Energiegewinnung. Etwas überspitzt formuliert wird also der gewisse qualitative Verlust an Effizienz durch die grosse Quantität kompensiert. Das gilt speziell für mehrgeschossige und städtisch geprägte Wohn- oder Bürogebäude.
Für Photovoltaik in der Fassade sind derzeit drei Bauweisen vorherrschend:
1. als vorgehängte hinterlüftete Fassade, überwiegend mit kristallinen Modulen,
2. innerhalb einer Pfosten-Riegel-Fassade ebenfalls mit kristallinen Modulen als opake, also nichtdurchsichtige Bauteile, etwa im Brüstungsbereich und
3. innerhalb einer Pfosten-Riegel-Fassade mit semitransparenten Dünnschichtmodulen, die zwar den Lichteinfall und den Ausblick etwas reduzieren, aber den grundsätzlich transparenten Charakter der Glasfassade nicht beeinträchtigen.
Ein Vorteil der ersten Variante als vorgehängte hinterlüftete (Kalt-)Fassade liegt in ebendieser Hinterlüftung, die eine zu starke Erwärmung der Module verhindert und damit einen hohen Wirkungsgrad sicherstellt. Umgekehrt ist gerade dies der Nachteil beim Einbau kristalliner Module als Warmfassade in der Brüstung oder in anderen Teilflächen, die für die Tageslichtversorgung nicht benötigt werden.
Für Pfosten-Riegel-(Warm-)Fassaden sind darum vor allem die semitransparenten Dünnschichtmodule interessant, weil sie nicht so empfindlich auf Erwärmung reagieren. Die Module sind in einen Isolierglasaufbau integriert, wobei mit den unterschiedlichen Belegungsdichten der Module in der Glasfläche der Tageslichteinfall und der Ausblick gesteuert werden können. Durch die Module sinkt ausserdem der g-Wert der Verglasung, sodass zusätzlich ein gewisser Hitzeschutz entsteht. Ein Vorteil für den Fassadenbau ist sicherlich, dass die Glasscheiben mit den Modulen im Grundsatz genauso eingebaut werden wie reine Verglasungen. Zu beachten sind lediglich die fachgerechten elektrischen Anschlüsse sowie die technische, optisch-elegante Kabelführung.
Fassaden mit kontrollierter Lüftung
Eine andere wichtige Weiterentwicklung ist die zunehmende Integration der Gebäudelüftung in die Fassade. Dabei geht es nicht allein um die Frischluftzufuhr, sondern auch um energetische Aspekte. Denn eine unkontrollierte Fensterlüftung kann zu erheblichen Wärmeverlusten in den beheizten Räumen führen. Das Öffnen der Fenster ist zudem bei Regen oder Sturm nur bedingt möglich.
Einen Ausweg aus diesen Schwierigkeiten bietet die kontrollierte Raumlüftung, die eine kontinuierliche Versorgung mit Frischluft sicherstellt und durch die Wärmerückgewinnung die Energiebilanz deutlich verbessert. Zentrale Lüftungsanlagen beziehen ihre Zu- und Abluft meist über grosse Wärmetauscher auf dem Dach. Sie verursachen jedoch erheblichen Aufwand bei der Installation und der Wartung der Lüftungsrohre. Darum liegt die Idee nahe, die kontrollierte Lüftung mit Wärmerückgewinnung raumweise über die Fassade zu organisieren.
Für den Fassadenbau hat dies die Konsequenz, dass Lüftungselemente in Form von Öffnungsflügeln oder Luftklappen integriert und gegebenenfalls mit Wärmetauschern kombiniert werden müssen. Um den Einfluss von Winddruck und Niederschlägen auf diese Lüftungselemente zu reduzieren, entstand die Idee der Doppelfassaden, bei denen die verschiedenen Funktionen der Aussenhülle auf zwei Ebenen verteilt werden. Meist übernimmt die innere Fassade den winterlichen Wärmeschutz und enthält die Lüftungselemente. Die äussere Hülle dient vor allem dem Witterungs- und dem Schallschutz.
Ähnlich wie bei BIPV steigt bei Doppelfassaden die Komplexität der Montage, aber es erhöht sich auch die Wertschöpfung für das Gewerk Fassadenbau, weil zwei getrennte Ebenen montiert und mit ihren jeweiligen Funktionselementen versehen werden müssen. Die Vielfalt der Einbauteile befördert den Trend zur Elementfassade, weil die Montage und Qualitätskontrolle der Einzelteile sich dann rationeller gestaltet.
Den vorläufigen Höhepunkt der zweifachen Entwicklung zur Element- und zur Doppelfassade stellen derzeit Closed-Cavity-Fassaden (CCF) dar. Die Elemente bestehen aus einer inneren und einer äusseren Fassadenschale, zwischen denen ein vollständig gekapselter Zwischenraum liegt. Diese geschlossene Kammer wird kontinuierlich mit getrockneter und gereinigter Luft versorgt, sodass sich keine Schmutz- und Kondensatablagerungen bilden können (siehe Interview mit Marco Theisinger).
Fazit: Nutzen Sie die Wertschöpfungspotenziale
Für die Energieeffizienz moderner Gebäude ist heute nicht mehr allein die wärmetechnische Qualität der Gebäudehülle ausschlaggebend. Stattdessen werden Gesamtkonzepte geplant, die neben dem Wärmeschutz der Bauteile auch die haustechnischen Komponenten wie Heizung, Lüftung und Sonnenschutz berücksichtigen und auf die Erzeugung erneuerbarer Energien mit dem Gebäude setzen. Das erfordert Systemlösungen wie Photovoltaik in der Fassade (BIPV) oder Doppelfassaden mit Lüftungsfunktionen, die den Fassadenbau komplexer werden lassen, den Gewerken aber auch Spezialisierungsmöglichkeiten und ein erweitertes Wertschöpfungspotenzial bieten. ■