Oktober 2021
Oktober 2021
Bernhard von Mühlenen
Bernhard von Mühlenen

100 Tage Direktor beim AM Suisse

Interview mit Bernhard von Mühlenen

Seit dem 1. Juli 2021 ist Bernhard von Mühlenen Direktor von AM Suisse. Wir haben ihn nach 100 Tagen im Amt zum Gespräch getroffen.

Text: Roger Waber / Bild: Marcel Sigg

Herr von Mühlenen, Sie sind nun rund 100 Tage Direktor von AM Suisse, haben Sie sich im Büro an der Seestrasse in Zürich eingelebt?
Ich habe mich sehr gut eingelebt, die letzten 100 Tage sind wie im Fluge vergangen. Die Mitarbeitenden haben mich herzlich willkommen geheissen, sowohl in Aarberg, wo sich unser Bildungszentrum befindet, als auch in Zürich an der Seestrasse. Ich habe eine super Belegschaft an beiden Standorten angetroffen und ich freue mich sehr, mit den Mitarbeitenden von AM Suisse zusammenzuarbeiten.

Wie haben Sie die Mitarbeitenden und Verbandsmitglieder kennengelernt?
Auf unterschiedliche Weise: Zuerst führte ich mit meinen engeren Mitarbeitenden ein Gespräch unter vier Augen, um die gegenseitigen Erwartungen und Werte kennenzulernen. Im Weiteren möchte ich mit jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter in Zürich und Aarberg ein persönliches Gespräch führen. Einzelne Mitgliedsfirmen und Milizmitarbeitende konnte ich bereits an Verbandsanlässen kennenlernen und ich habe schon einige Betriebe besucht. Ich möchte wissen, welches die Bedürfnisse der Mitglieder in unseren Branchen Landtechnik und Metallbau sind.

Wie sieht Ihr Arbeitstag aus?
Kein Arbeitstag gleicht dem anderen. Mein Alltag ist sehr abwechslungsreich. Es gibt Tage, an denen ich viel unterwegs bin, sei es, um an Sitzungen teilzunehmen, sei es, um an repräsentativen Anlässen einen Auftritt wahrzunehmen. An anderen Tagen gibt es Teamsitzungen in der Geschäftsstelle in Zürich. Und natürlich gibt es Tage, an denen ich Administratives erledige, Telefongespräche führe, Protokolle lese und schreibe, E-Mails beantworte.

Sie leiteten acht Jahre lang den Bereich Stahlbau der Firma Senn AG. Wo sehen Sie die grossen Gemeinsamkeiten mit Ihrer neuen Arbeit im Dachverband?
Es gibt viele Gemeinsamkeiten. Ein wesentlicher Schlüssel für den Erfolg im Bauwesen wie im Verband sind die vorausschauende, systematische Arbeitsweise, die gute Kommunikation sowie eine perfekte grafische Aufarbeitung – im Bauwesen eher in Form von Bauplänen und hier im Verband im Geschäftsalltag mit Geschäftsgrafiken oder aussagekräftigen Bildern, die die Leute begeistern.

Sie waren in der Vergangenheit unter anderem als Fachexperte bei der Suva, als Fachlehrer, Instruktor und Prüfungsexperte tätig. Inwiefern können Sie diese Erfahrungen in Ihre neue Aufgabe einbringen?
Es ist wie mit allem im Leben, was man bereits gemacht hat: Bei jeder Aufgabe lernt man etwas dazu. Und manchmal lernt man auch, wie man etwas nicht machen sollte. Ich konnte in der Vergangenheit viele Erfahrungen sammeln. Das gibt mir heute Sicherheit und hilft mir, in gewissen Situationen ruhig und bedacht zu bleiben.

Welches sind die Schwerpunkte der Verbandsarbeit – im Metallbau?
Eine zentrale Aufgabe bei Metaltec Suisse ist die Überarbeitung der Bildungsverordnung und der entsprechenden Reglemente für die Grund- und Weiterbildung, das heisst für die Lehrberufe Metallbaukonstrukteur/in EFZ, Metallbauer/in EFZ und Metallbaupraktiker/in EBA. Es geht darum, zeitgemässe Berufsbilder, Lerninhalte und -ziele sowie Strukturen sicherzustellen. Eine weitere wichtige Aufgabe ist die Nachwuchsförderungskampagne «metall+du» mit dem Projekt, bei dem ausgebildete Metallbau-Botschafter den Werkunterricht in Schulen besuchen und den Schülerinnen und Schülern Hilfsmittel und Ideen geben für die Arbeit mit Metall. Indem Jugendliche mit Metall arbeiten, soll ihr Interesse für die Berufe im Metallbau, geweckt werden. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Zusammenarbeit mit anderen Verbänden. Metaltec Suisse will ein starker Partner sein in der Baubranche, im Innenausbaugewerbe mit anderen Berufsverbänden, im Bauhauptgewerbe mit dem Baumeisterverband. Dazu gehört das gemeinsame Engagement mit dem Schweizerischen Arbeitgeberverband und dem Schweizerischen Gewerbeverband.

– und in der Landtechnik?
Auch für Agrotec Suisse haben die Berufsbildung und die Überarbeitung der Reglemente für die Lehrberufe Landmaschinen-, Baumaschinen- und Motorgerätemechaniker/in EFZ sowie für die Berufsprüfung und Höhere Fachprüfung hohe Priorität. Ebenso eine Hauptaufgabe ist die permanente Nachwuchswerbung. Die hohe Qualität und die enorme Vielseitigkeit unserer Lehr- und Berufsprüfungsabgänger sind anderen Branchen nicht verborgen geblieben. Seit mehreren Jahren müssen leider grosse Anstrengungen unternommen werden, damit unsere jungen Berufsleute der Branche erhalten bleiben und nicht in andere abwandern. Weiter wollen wir die Mitglieder unterstützen bei all den neuen Richtlinien, Vorschriften und Gesetzen im Bereich der Technologie, die sie manchmal überfluten. Wir wollen die Mitgliedsbetriebe dahingehend unterstützen, dass sie und ihre Kunden zeitgleich einen Nutzen davon haben. Schlussendlich profitieren davon auch die Konsumenten und die Natur, ganz im Sinne einer nachhaltigen Weiterentwicklung.

Wie können Sie Landtechniker, Metallbauer und Hufschmiede gleichermassen ansprechen?
Ein wichtiges verbindendes Element ist unser nationales Bildungszentrum in Aarberg (BZA) wo jährlich über 5000 Kursteilnehmer aus der Landtechnik und der Metallbaubranche aus- und weitergebildet werden. Die Infrastruktur und die Bildungsangebote des BZA werden laufend den Bedürfnissen der Branchen entsprechend ausgebaut. Zurzeit wird das Ausbaupotenzial im Bereich der Verpflegung und der Übernachtung analysiert.

Es tönt zwar wie eine leere Worthülse, doch was unsere Branchen auszeichnet, ist ihre seit Jahrzehnten gelebte Nachhaltigkeit! Das ist für uns nicht einfach ein Modetrend. Sowohl die Metallbau- wie die Landtechnikbranche können für sich beanspruchen, schon seit Jahrzehnten nachhaltig zu handeln. So werden Stahlschrott und Aluminiumprofilabfälle seit jeher rezykliert – selbst in Zeiten, wo man für die Entsorgung zahlen musste. Dasselbe gilt für Glasabfälle von Fensterdemontagen oder nach Glasbrüchen. Die Stahl- und Aluwerke können aber noch weit mehr als einfach Recycling, nämlich Upcycling: Beispielsweise kann uralter Stahl zu Hochleistungsstahl aufgewertet werden, indem beim Recycling Zuschlagstoffe hinzugegeben und der Walzprozess entsprechend gestaltet wird. Dieser hochwertige Stahl wird dann eins zu eins wieder im Brücken- oder Fahrzeugbau eingesetzt.

Der ganze Recyclingprozess erfolgt erst noch mit einem Bruchteil an Energieeintrag und CO 2 -Ausstoss gegenüber einer traditionellen, erzbasierten Produktion. Haben Sie gewusst, dass nahezu 100 Prozent des zurzeit in der Schweiz verarbeiteten Baustahls Recyclingstahl ist? Schon vor über 50 Jahren wurden im Metall- und Stahlbau die Kreislaufwirtschaft und der Gedanke des Recyclings vorgelebt. Diese Selbstverständlichkeit hat in Kombination mit einer gewissen Bescheidenheit wohl auch dazu geführt, dass dieser Materialvorteil im Vergleich zu anderen Werkstoffen von der Branche bisher zu wenig intensiv kommuniziert wurde.

Auch die Landtechnik entwickelt und modifiziert seit Jahren ihre Maschinen und Geräte so, dass damit möglichst ressourcen- und energieschonend gearbeitet werden kann. Dank diesen Anwendungen konnte seit Jahren sukzessive der Einsatz von Saatgut, Düngemitteln, Herbiziden und Pestiziden reduziert werden. Mit den heutigen Technologien wie beispielsweise satellitenunterstützten Lenksystemen und verschiedensten Sensorsystemen können in Kombination mit lokalen Bodenproben Dünge- und Pflanzenschutzmittel gezielt ausgebracht werden – nämlich nur dort, wo es unverzichtbar ist. Diese Entwicklung startete viele Jahre vor den bekannten Agrarinitiativen. Ebenso erwähnenswert sind die akkubetriebenen Fahrzeuge jeglicher Art, die in der Kommunaltechnik vermehrt eingesetzt und von unseren Landtechnikbetrieben vielfach modifiziert und gewartet werden. Deren Einsatz reduziert die Lärm- und Abgasemissionen enorm.

Die Landtechnik- und die Metallbaubranche sind gemeinsam nachhaltig unterwegs – wir müssen das in der breiten Öffentlichkeit besser bekannt machen.

Was steht bei Ihnen in den nächsten 100 Tagen auf dem Programm?
Die gelebte Sozialpartnerschaft ist eine weitere Hauptaufgabe eines Arbeitgeberverbands. In den nächsten Wochen stehen die alljährlichen Gespräche mit den Gewerkschaften auf dem Programm. AM Suisse ist ein zuverlässiger, fairer und zukunftsorientierter Partner, der die Anliegen und Interessen der Mitgliedsfirmen bei den Behörden und Sozialpartnern aktiv einbringt. Im Zentrum der Verbandsarbeit stehen die Mitglieder. Wir setzen uns dafür ein, die Weiterentwicklung, den Fortbestand, die Wirtschaftlichkeit und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Branchen im Markt zu garantieren.

Herr von Mühlenen, wir danken Ihnen für das Gespräch. 

www.amsuisse.ch

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