Industrie-Architektur im Dorfkern von Altdorf
Stahltechnik / Schweissen
Die neu erbaute, zweigeschossige Tiefgarage unter dem Gemeindehausplatz in Altdorf wird durch eine komplett aus Stahl erstellte Spindeltreppe erschlossen. Der transparente Mantel, die zentrale Säule sowie die Gehflächen sind komplett aus Cortenstahl gebaut. Art und Form verleihen der Treppe einen industriellen Charakter inmitten altehrwürdiger Bauten.
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Stahltechnik / Schweissen
Industrie-Architektur im Dorfkern von Altdorf
Die neu erbaute, zweigeschossige Tiefgarage unter dem Gemeindehausplatz in Altdorf wird durch eine komplett aus Stahl erstellte Spindeltreppe erschlossen. Der transparente Mantel, die zentrale Säule sowie die Gehflächen sind komplett aus Cortenstahl gebaut. Art und Form verleihen der Treppe einen industriellen Charakter inmitten altehrwürdiger Bauten.
Die neue Tiefgarage unter dem Gemeindehausplatz in Altdorf soll dem Parkplatzmangel entgegenwirken und den Verkehr im Dorfzentrum beruhigen. Die Ruch Metallbau AG, Altdorf, erhielt den Auftrag zugesprochen, die zur Tiefgarage gehörende Spindeltreppe aus Cortenstahl zu liefern. Der korrodierte Cortenstahl verleiht der Treppe einen industriellen Charakter, was einen visuellen Spannungsbogen zu den altehrwürdigen Bauten bildet. Bei näherer Betrachtung des komplexen Werks fällt auf, dass der runde Mantel und auch die Spindel aus reifenförmigen Stahlblechen und einer Riesenmenge Stahlklötzen zusammengesetzt sind und somit wie ein transparentes und doch markantes Kunstwerk wirken. Wer genau hinschaut, stellt fest, dass eine rhythmische Reihenfolge der Stahlklötze nur im Bereich der obersten Reifen auszumachen ist. Alle anderen Klötze sind individuell, ohne erkennbare Abfolge platziert.
Stahl und Beton
Die zweigeschossige, rund 25 t wiegende Treppenanlage führt vom Gemeindehausplatz direkt zu den beiden Untergeschossen der Tiefgarage. Sie überwindet somit eine Bodenhöhendifferenz von 7,30 m und gewährt Ein- und Austritte auf allen drei Ebenen. Sie besteht aus einer zentralen Spindel von 1,56 m Durchmesser und 10,4 m Höhe, einem über Terrain angelegten Mantel mit einem Durchmesser von 5,34 m, einer Dachkonstruktion entsprechend dem Aussenmantel und einer transparenten Lichtkuppel im Zentrum der Spindel. Der Aussenmantel im Untergrund ist aus Beton gebaut.
Cortenstahl für alle Teile
Für sämtliche Stahlteile kam Cortenstahl zur Anwendung. Da diese Stahlqualität nur in Blechform erhältlich ist, setzte Ruch auf Bleche und liess sämtliche Teile aus Cortenblech lasergeschnitten liefern. Für die 100 mm breiten Blechreifen kam Stahlblech 15 mm zur Anwendung. Die Distanzteile wurden aus Stahlblechen 40 mm hergestellt. Daraus resultierten schlussendlich über 2000 Klötze von 80 x 40 x 105 mm.
Einteilung und Reihenfolge der Distanzklötze konnten für die Ausführungsplanung von der Grundlage der Architekten übernommen werden. Resultierend daraus wurden die Blechpläne auch mit Laser-Markierungen versehen, welche die Platzierung der einzelnen Klötze vorgaben. Für Spindel und Mantel wurde derselbe Herstellungsprozess gewählt. Die segmentierten Blechreifen sind in Abwechslung mit den Distanzklötzen aufeinandergeschichtet, geheftet und an den beiden Kurzseiten miteinander verschweisst worden. So wuchsen die beiden Gebilde sukzessive in die Höhe.
Die Deckenkonstruktion, die den Stahlmantel oben abschliesst, besteht aus zwei horizontal, übereinanderliegenden Blechscheiben mit je einem zentralen runden Ausschnitt von 850 mm Durchmesser. Darin eingeschweisst ein stehendes, zu einem Rundrohr gewalztes Blech von 450 mm Höhe, das einerseits den inneren Dachrand bildet, andererseits als Unterkonstruktion für den Aufbau der Cupolux-Lichtkuppel dient. Direkt unter dieser Kuppel ist als Absturzsicherung ein horizontal liegendes Gitter eingeschweisst. Die Abdichtung sowie die Begrünung des Dachs erfolgten bauseits.
Spezielle Schweissarbeiten an den Treppenstufen
Auch die Treppenstufen sind aus Cortenblechen von 15 mm Stärke hergestellt. Jede Stufe besteht aus einem rechteckigen Steigungsblech sowie einem konisch zugeschnittenen Blech für die Gehfläche. Diese beiden Bleche sind jeweils, über durchlaufende Schweissungen, zu einer rechtwinkligen Stufe verbunden. Speziell daran ist, dass die obere Schweissnaht auf der Trittkante unbearbeitet blieb und als zusätzlicher Gleitschutz parallel dazu eine weitere Schweissraupe gezogen wurde.
So funktioniert Cortenstahl
Cortenstahl ist ein hochfester, niedriglegierter, wetterfester und schweissbarer Baustahl mit einer ausgeprägten Patina. Durch die Zugabe von Kupfer, Chrom und Nickel erhält das Material seine Eigenschaften. Diese Zusammensetzung des Stahls ermöglicht durch den Korrosionsprozess die Bildung einer Patina (Rostschicht). Durch Bewitterung entsteht, unter der eigentlichen Rostschicht, eine besonders dichte Sperrschicht aus festhaftenden Sulfaten oder Phosphaten, die das Stahlteil vor weiterer Korrosion schützt. Cortenstahl ist gleich gut zu verarbeiten (Biegen, Zerspanen usw.) wie entsprechende andere, unlegierte Baustähle.
Man unterscheidet zwischen Corten A und Corten B. Für diese Treppe wurde Corten A gewählt. Corten A ist die Nummer eins unter den wetterfesten Stahlgüten. Corten A bietet durch seinen hohen Phosphorgehalt eine hervorragende Beständigkeit gegen atmosphärische Korrosion.
Corten B ist durch seine hohe Kerbschlagzähigkeit besser für statisch anspruchsvolle Anwendungen geeignet. Eine etwas geringere Korrosionsbeständigkeit muss dabei jedoch in Kauf genommen werden.
Um bei dieser Treppenanlage den Korrosionsprozess zu beschleunigen und eine möglichst homogene Rostoberfläche zu erhalten, wurden sämtliche Einzelzeile zuerst sandgestrahlt und anschliessend im Werk Ruch mit einem Korrosionsverstärker behandelt. Allein durch die Witterungseinflüsse könnte kein gleichmässiges Resultat erreicht werden, da nicht alle Bauteile gleichermassen exponiert sind.
Clevere Montagestrategie
Die Treppenanlage wurde – aufgeteilt in fünf Bauteile – im Werk Ruch vorfabriziert und dann in einzelnen Elementen auf den naheliegenden Gemeindehausplatz transportiert. Die Tatsache, dass der Montageplatz nur wenige hundert Meter von der Ruch AG entfernt liegt, erlaubte die entsprechend grossformatigen Stückelungen.
So setzte das Montageteam von Ruch zuerst den runden Spindelturm von 10,4 m Höhe. Anschliessend folgten die beiden Treppenelemente, welche einerseits an der Spindel, andererseits mit Laschen an den Betonmantel befestigt wurden. Darauf folgte der überirdische Teil, nämlich der Mantel mit seiner Dachkonstruktion, der ebenfalls aus zwei halbrunden Hälften bestand. ■
Bautafel / Panneau de chantier
Objektstandort:
Altdorf
Bauherr und Auftraggeber:
Gemeinde Altdorf
Architekt:
Tschuppert Architekten GmbH, Luzern
Totalunternehmer:
IGD Grüter AG, Dagmersellen
Stahlbau / Treppe:
Ruch Metallbau AG, Altdorf