Dezember 2021
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Hochkomplexer Sausage-Pavillon für Sihlcity

Architektur und Technik

Direkt vor dem Einkaufszentrum Sihlcity wurde im Zuge der Neugestaltung des Aussenbereichs auch ein spezieller, weisser Pavillon gebaut. Seine unkonventionellen Formen, sein komplexes Innenleben und die zu erfüllenden bauphysikalischen Ansprüche machten ihn zu einem spannenden und fordernden Metallbaujob. Lesen Sie mehr über dieses gelungene Werk.


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Der weisse Pavillon vor Sihlcity wertet den Utoplatz auch in optischer Hinsicht auf. Blick an die Verkleidung des kleineren Zylinders.
Der weisse Pavillon vor Sihlcity wertet den Utoplatz auch in optischer Hinsicht auf. Blick an die Verkleidung des kleineren Zylinders.

Architektur und Technik

Hochkomplexer Sausage-Pavillon für Sihlcity

Direkt vor dem Einkaufszentrum Sihlcity wurde im Zuge der Neugestaltung des Aussenbereichs auch ein spezieller, weisser Pavillon gebaut. Seine unkonventionellen Formen, sein komplexes Innenleben und die zu erfüllenden bauphysikalischen Ansprüche machten ihn zu einem spannenden und fordernden Metallbaujob. Lesen Sie mehr über dieses gelungene Werk.

Text: René Pellaton  / Bilder: Georg Aerni

Nach dreizehn erfolgreichen Jahren investierte Sihlcity erneut in die Zukunft. Mit der Umgestaltung des Utoplatzes will man Kunden und Besuchern auch weiterhin ein attraktives Einkaufs- und Unterhaltungserlebnis bieten und die Aufenthaltsqualität mitten in der City weiter zu stärken.
Unter der architektonischen Leitung des Zürcher Architekturbüros Stücheli Pestalozzi Schiratzki sind in Zusammenarbeit mit dem Landschaftsarchitekturbüro Neuland Architekturlandschaft attraktive Verweilzonen im Freien entstanden. Ein spezielles Juwel – der neue, helle Metallpavillon mit seinen transparenten Fronten und den massiven Ablagen aus geölter Eiche. Er ergänzt das kulinarische Angebot und wird von «Francis – The Sausage Company» mit seinem trendigen Gastrokonzept betrieben, das nicht nur «Würste, die glücklich machen» anbietet, sondern dazu auch exklusive Saucen, Toppings und Stuffings.

Elegant, klein, aber höchst komplex

Der im weissen Kleid erscheinende Pavillon hat weder eine Anfang noch eine Ende. Der ovale, von der Blaser Metallbau AG, Andelfingen, geplante und hergestellte Körper wirke wie eine Mischung aus Traumhäuschen und just gelandetem Ufo, dies jedenfalls schrieb ein Journalist in seinem Artikel zur Eröffnungsfeier.
In Wirklichkeit ist er ein Verkaufsstand, jedoch ein eleganter und in technischer Hinsicht höchst komplex.
«Von aussen wirkt der auf wenigen Quadratmetern stehende Pavillon eher schlicht, es macht beinahe den Anschein, als würde die Einfachheit dominieren», erläutert Rolf Bechtold, verantwortlicher Projektleiter bei der Blaser Metallbau AG, gegenüber der «metall» und fügt an: «Doch dieser Eindruck täuscht. Die Gebäudehülle erfüllt höchste thermische Anforderungen. Der Innenraum umfasst einen geschützten Eingangsbereich, eine grosszügige Küche mit Bereitstellungsbereichen und Ablagen, eine Toilettenanlage, einen Umkleide- und Rückzugsraum und viele weitere Besonderheiten. Höchst komplex sind auch die integrierten technischen Installationen wie Elektrisch, Lüftung, Steuerung und Toilettenbewirtschaftung, die in den Wänden, in der Decke und auch im Boden eingebaut sind. Bei der Entwicklung und Planung hatten wir eine Vielzahl an Anforderungen zu berücksichtigen, diese zu implementieren und das Ganze konstruktiv umzusetzen.»
  

«Von aussen wirkt der auf wenigen Quadratmetern stehende Pavillon eher schlicht, es macht beinahe den Anschein, als würde die Einfachheit dominieren.» Rolf Bechtold, verantw. Projektleiter bei der Blaser Metallbau AG

 

Verschiedene geometrische Formen unter einem Hut

Auch in seiner Form ist der Verkaufspavillon von Zürich wohl einzigartig. Das Dach und insbesondere der Dachrand sind kreisrund gebaut und weisen einen Durchmesser von 6,13 m auf. Die 5,84 m lange und 4,52 m breite Fassade hingegen kommt, im Grundriss betrachtet, der Form einer verschobenen Raute nahe (siehe Grafik), jedoch sind dieser an den beiden Spitzwinkeln je ein Zylinder eingeschoben. Die beiden Zylinder sind im Durchmesser unterschiedlich gross und erfüllen auch unterschiedliche Zwecke. Der grosse der beiden Zylinder weist einen Innendurchmesser von gut 2,00 m auf, der kleine 1,00 m.
Der grosse Zylinder ist nutzungstechnisch in zwei Hälften geteilt. Die eine dient als Eintrittsbereich mit Foyer, der mit einer gesicherten Einflügeltüre ausgestattet ist. Von hier lässt sich durch Öffnen einer Rundschiebetüre der Hauptraum betreten oder durch die Betätigung der geraden Schiebetüre die Toilette, die sich in der zweiten Hälfte befindet. Auch der kleine Zylinder ist raumseitig mit einer Rundschiebetüre ausgestattet, die den Zugang zum Rückzugsraum gewährleistet.
Die äussere Verkleidung der beiden Zylinder wurde mit gewalzten Aluminium-Flachblechen realisiert. Diese sind über ein Einhängesystem an die rund 250 mm dicke, ausisolierte Innenwand befestigt.
Die transparenten Fronten sind aus einem thermisch getrennten Aluminium-Profilsystem gebaut. Die gerundeten Glaselemente sind ähnlich einer SG-Verglasung eingesetzt und somit frei von vertikal verlaufenden Profilen. Auf zwei Seiten der transparenten Fassadenteile befinden sich die Durchreichen für die bestellten kulinarischen Highlights. Diese sind mit je einem automatisierten Hubfenster ausgestattet.
 

 

Horizontalschnitt durch den verglasten Bereich: Gut zu erkennen ist die Form einer verschobenen Raute mit den beiden Zylindern an den Spitzwinkeln.Links der grosse, zweigeteilte Zylinder mit Eingangstüre / Foyer und abgetrennter Toilette. Rechts im kleinen Zylinder der Umkleideraum. Dazwischen die Verglasungen mit gerundeten Ecken und Hubfenstern.
Horizontalschnitt durch den verglasten Bereich: Gut zu erkennen ist die Form einer verschobenen Raute mit den beiden Zylindern an den Spitzwinkeln.
Links der grosse, zweigeteilte Zylinder mit Eingangstüre / Foyer und abgetrennter Toilette. Rechts im kleinen Zylinder der Umkleideraum. Dazwischen die Verglasungen mit gerundeten Ecken und Hubfenstern.

 

Sichere Automatik-Hubfenster

Bei den Hubfenstern entschied sich Blaser, ein zweiteiliges Element aus thermisch getrennten Aluminiumprofilen zu verwenden. Wie alle anderen, den Aussenmantel bildenden Elemente sind auch die Hubfenster hochisoliert ausgeführt. Motor, Antriebsanordnung und das automatische Schloss sind in der Rahmenkonstruktion des Fensters eingebaut. Das Fenster ist in geschlossener Stellung und über die gesamte Öffnungshöhe im Intervall von 50 mm automatisch arretiert. Auch die Geschwindigkeit ist regulierbar. Ein elektronischer Einklemmschutz ist ebenfalls eingebaut. Die Auf-/Ab-Steuerung erfolgt über eine separate Bedieneinheit mit einer sogenannten Totmannsteuerung (bewegt sich, solange die Taste gedrückt wird).
Für die Verglasung kam ein 2-fach-Isolierglas, bestehend aus ESG-H 6 mm, SZR 16 mm, ESG-H 4 mm, mit einem Ug-Wert von 1,04 W/m 2 K, einem g-Wert von 0,37 und einem Reflexionswert aussen von 13% zur Anwendung. Sämtliche Gläser wurden einem Heat-Soak-Test unterzogen.

«Francis – The Sausage Company» bekannt für genüssliche Würste und einiges mehr.
«Francis – The Sausage Company» bekannt für genüssliche Würste und einiges mehr.

Einflügeltüre gewährt den Zutritt

Speziell an der nach aussen öffnenden Türe ist die Aussenhaut. Innen ist sie mit einem flachen Aluminiumblech verkleidet. Auf der Aussenseite hingegen ist ein konvex geformtes Aluminiumblech aufgesetzt, das die äussere geometrische Form des Zylinders weiterführt.
Als Profilsystem kam Schüco ADS 75.SI zur Anwendung. Die Profiltüre in Kombination mit den Blechverkleidungen erreicht einen Ud-Wert von 1,3 W/m 2 K. Zudem entspricht sie sicherheitstechnisch – in Anlehnung – der Widerstandsklasse RC3 und ist fluchtwegtauglich nach EN 179.

Tragkonstruktion

Die Primär-Tragkonstruktion für das Dach sowie für die angebauten Teile besteht aus zwei im Raum stehenden Rundstützen, die im nichttransparenten Bereich über Laschen mit der Grundkonstruktion der Wände, der Theke und des Dachgerippes verbunden sind. Zudem bilden auch die Festteile der Zylinder (Stahlblech 10 mm) weitere tragende und aussteifende Einheiten. Die Dachkonstruktion besteht aus Vierkant-Stahlrohren 120 x 120 x 6, einem horizontal verlaufenden Trägerrohr und liegt auf den bereits erwähnten Stützen. Der Einfassungsrahmen ist aus Winkelstahl 100 x 75 x 9 (gerader Bereich) und Stahlblech 8 mm (gebogener Bereich) gebaut und über verstellbare Auflagerplatten auf die Dachhaut abgestellt.
Sämtliche nicht sichtbaren Stahlteile sind feuerverzinkt, alle sichtbaren, farbigen Teile pulverbeschichtet.
Der Dachaufbau besteht aus fünf Lagen Holzplatten, darüber ein rund 120-mm-Isolationsaufbau, einer gefällebildenden Hartschaumplattenlage, Dichtfolien sowie Kies- und Begrünung. Innenseitig ist eine heruntergehängte Decke aus Gipskarton angebracht.
Die Aussenverkleidung des Dachrandes sowie der Thekenbrüstung besteht aus horizontal verlaufenden Aluminium-Flachprofilen (Lisenen) und sind mit Senkschrauben an die Unterkonstruktion befestigt.
Die Dachfläche ist so ausgelegt, dass sie zusätzlich zu allen berücksichtigten Lasten durch Schnee usw. von einer Person für Wartungszwecke betreten werden darf. Hierfür wurde ein Seil-Absturzsicherungssystem implementiert, das 9 kN standhält und zur Sicherung von max. 4 Personen, davon eine fallend, vorgesehen ist.

Die Verkleidung des Zylinders aus gewalzten Aluminiumblechen. Oben und unten die horizontal verlaufenden Lisenen aus Flachprofilen.
Die Verkleidung des Zylinders aus gewalzten Aluminiumblechen. Oben und unten die horizontal verlaufenden Lisenen aus Flachprofilen.

Kompaktes Element mit vielen Herausforderungen

Auf die Frage nach den grossen Herausforderungen, die dieses Werk an ihre Macher stellte, meinte Rolf Bechtold: «Im Nachhinein, wenn das Werk fertiggestellt ist, erscheint alles etwas einfacher – der Pavillon ist bestens gelungen und er wirkt smart. So smart sogar, dass er über die hohe Komplexität seines Innenlebens hinwegtäuschen könnte.
Unser Team der Blaser Metallbau AG hatte sich in Anbetracht der speziellen Geometrie, der Rundungen und vieler auch beweglicher Teile intensiv mit der Erfüllung der bauphysikalischen Anforderungen der Stadt Zürich – hier wird zwischen einem Wohnhaus und diesem Pavillon kein Unterschied gemacht – auseinanderzusetzen. Auch die Koordination der verschiedenen Gewerke von der Elektronik, Mechatronik über die Lüftung bis zur Küche haben uns gefordert, denn schliesslich musste alles korrekt und elegant unter eine Haube gebracht werden. Alles in allem könnte man sagen, eine breite Reihe an Anforderungen in ein höchst komplexes Werk integriert.»  ■

Bautafel 

Objekt:

Pavillon Sihlcity Zürich

Bauherrschaft:

MEG Sihlcity, Zürich

Architektur:

Stücheli Pestalozzi Schiratzki Architekten GmbH, Zürich

Bauleitung:

Cockpit Projektmanagement AG, Zürich

Stahl-Metallbau:

Blaser Metallbau AG, Andelfingen.

Das Fachregelwerk Metallbauerhandwerk – Konstruktionstechnik enthält im Kap. 1.5 wichtige Informationen zum Thema «Bauphysik».