Februar 2024
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Glas-Metall-Krone hoch über Zürich

Transporte / Montagen

Rund 90 Meter über dem Boden thront die hellblau und metallisch schimmernde Krone auf dem neu gestrichenen Kamin der erneuerten Energiezentrale Josefstrasse in Zürich. In optischer Hinsicht dominiert an diesem zylinderförmigen Kaminkranz der Aussenmantel aus Profilbauglas. Neben der ausgeklügelten Konstruktion beeindruckt insbesondere die Montage des 14 Tonnen schweren und im Durchmesser die 10-Meter-Marke sprengenden Zylinders.


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Ein echter Hingucker: der Turm der ehemaligen Kehrichtverbrennungsanlage im neuen Kleid und mit aufgesetzter Krone aus Glas und Metall.
Ein echter Hingucker: der Turm der ehemaligen Kehrichtverbrennungsanlage im neuen Kleid und mit aufgesetzter Krone aus Glas und Metall.

 

Transporte / Montagen

Glas-Metall-Krone hoch über Zürich

Rund 90 Meter über dem Boden thront die hellblau und metallisch schimmernde Krone auf dem neu gestrichenen Kamin der erneuerten Energiezentrale Josefstrasse in Zürich. In optischer Hinsicht dominiert an diesem zylinderförmigen Kaminkranz der Aussenmantel aus Profilbauglas. Neben der ausgeklügelten Konstruktion beeindruckt insbesondere die Montage des 14 Tonnen schweren und im Durchmesser die 10-Meter-Marke sprengenden Zylinders.

Text: Redaktion / Bilder: Blaser Metallbau AG

Nach über hundert Jahren wurde Ende März 2021 im Werk der Wärmeversorgung Zürich West, Heizkraftwerk Josefstrasse, die letzte Tonne Kehricht verbrannt. Heute wird das Heisswasser für das Fernwärmegebiet Zürich-West in der Kehrichtverwertungsanlage Hagenholz produziert und über die neu erstellte Verbindungsleitung geliefert.
Die Funktion des 90 Meter hohen Turms wurde im Zuge der neuen Befeuerung für den Flugverkehr ebenfalls angepasst. So soll an kalten Wintertagen und zu Zeiten mit hohem Wärmebedarf die Energiezentrale Josefstrasse mit neuen Technologien weiterhin zur Verstärkung genutzt werden. Im Zuge dieser Neuausrichtung erhielt der Aussenmantel durch den rot-weissen Neuanstrich ein frisches Erscheinungsbild. Zusammen mit der neu aufgesetzten Glaskrone (Kaminkranz) hat sich der Turm dieses wichtigen städtischen Infrastrukturbaus zum neuen Wahrzeichen des einstigen Industriequartiers gemacht.
Doch nicht nur der Turm erhielt eine Anpassung. Die ehemalige Kehrichtverwertungsanlage wurde von Graber Pulver Architekten AG nach einem gewonnenen Planwahlverfahren zu einer neuen Energiezentrale transformiert. Gewisse Bauteile, wie zum Beispiel das Untergeschoss, einzelne Wände und der Kamin wurden in die neue Zentrale integriert und mit Neubauteilen ergänzt. Durch die neue Fassade – ebenfalls aus Profilbauglas – werden die Elemente zu einem neuen Ganzen zusammengefasst. Für die Ausführungsplanung, Herstellung und Montage von Krone und Fassade wurde die Blaser Metallbau AG, Andelfingen, beauftragt.
Eine Reportage über die Fassade wird in einer späteren Ausgabe erscheinen.

 

Prägender Hingucker für Unterhaltszwecke

Der Kaminkranz mit seiner zylindrischen Form weist einen Aussendurchmesser von 10,6 m und eine Höhe von 4,3 m auf. Den Kranhaken belastete er mit rund 14 Tonnen. Genutzt wird der Kaminkranz mit seinem Laufsteg ausschliesslich für interne Wartungs- und Unterhaltszwecke. Zudem macht er die Turmspitze zu einem prägenden Hingucker.
Die primäre Tragkonstruktion besteht aus zwei äusseren und zwei inneren Ringen aus mit Blech verkleideten Walzprofilen. Innen- und Aussenring sind mit horizontalen, eingeschweissten Profilen verbunden und bilden so die Grundlage für die Gehfläche respektive den Deckenring des Wartungsstegs. Diese endlos umlaufende Gehfläche ist mit Riffelblech belegt. Auf der Innenseite sind Industriegeländer angebracht. Die von aussen und unten gut sichtbare Verglasung besteht aus dicht aneinandergefügten Bahnen aus Profilbauglas Linit der Firma Lamberts. Ihr grün-blau wirkendes Erscheinungsbild verändert sich stetig aufgrund der zylindrischen Form und den unterschiedlichen und sich verändernden Lichteinfallswinkeln.
Gehalten wird der Dachkranz von vertikalen, in die Innenwand des Kamins greifenden Einschieblingen aus HEB-Profilen. Die Gewichtabtragung erfolgt einerseits über Auflagelaschen, die an den erwähnten Einschieblingen angeschweisst sind, sowie den horizontal in die Kaminwand geführten Injektionsankern.
Die Stahlkonstruktion ist als mehrteilige, geschweisste Konstruktion gebaut. Die einzelnen Segmente wurden vom Montageteam der Blaser Metallbau AG vor Ort zur kompletten Einheit verschraubt. Glaseinsatz, Anbringung der Blechverkleidungen und auch die Geländermontage erfolgten vor Ort am Boden.  

3D-Visualisierung: gut zu sehen der innere, rundherum führende Laufsteg.
3D-Visualisierung: gut zu sehen der innere, rundherum führende Laufsteg.

 

 

Die ruhige Hand des Kranführers und wenig Wind waren eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen dieser Aktion.
Die ruhige Hand des Kranführers und wenig Wind waren eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen dieser Aktion.

 

Risikobeurteilungen für «ESG 90 Meter über dem Boden»

Das dazumal in der Ausschreibung vorgesehene Profilbauglas aus ESG entsprach nicht mehr den neuen Anforderungen der Risikobeurteilungen, die durch Metaltec Suisse, SIGAB sowie weiteren Schweizer Branchenverbänden am 21. Dezember 2021 ins Leben gerufen wurden. Die geforderte Resttragfähigkeit war nicht gegeben und es hätte die Gefahr bestanden, dass bei einem Glasbruch – beispielsweise durch Vogelschlag oder Spontanbruch –  Menschen, die sich nahe am Turm aufhalten, verletzt werden.
Die Risikobeurteilung berücksichtigt die Fläche einer einzelnen Scheibe und deren eingesetzte Höhe über Boden. Zudem sind die Verkehrsflächen je nach personellen Bewegungsdichten in verschiedene Kategorien (0 bis IIII) eingeteilt.
Bei diesem Werk wurde eine Verkehrsfläche der Kategorie I angenommen. Dies bedeutete, dass ESG-Gläser nur bis zu einer Höhe von 45 Metern über Boden hätten eingesetzt werden dürfen. Somit entschieden sich die Verantwortlichen für Profilbauglas Linit der Firma Lamberts, das mit einer zusätzlichen Folie und einem weiteren Glas in der Hauptfläche zu Verbundsicherheitsglas verklebt ist. Die Schenkel bleiben in der Ausführung ESG.

Hinweis der Redaktion
Die Risikobeurteilungen von Einscheiben-Sicherheitsglas wurde in der «metall» vom Januar 2022 (deutsch) und Februar 2022 (französisch) abgehandelt.
  

Kranarbeiten am absoluten Limit: Der Kaminkranz schwebt nun nahezu 100 Meter über dem Boden.
Kranarbeiten am absoluten Limit: Der Kaminkranz schwebt nun nahezu 100 Meter über dem Boden.

 

Montage mit einem der grössten Pneukräne Europas

«Eine ganz besondere und auch nicht alltägliche Herausforderung erwartete unser Team mit der Montage des Kaminkranzes», erklärt Daniel Vonrüti, Mitinhaber und CEO Verkauf & Technik der Blaser Metallbau AG, gegenüber der «metall». «Höhe und Gewicht» – so Vonrüti weiter – «bildeten die zentralen Parameter, die es zu berücksichtigen galt. Mit 14 Tonnen für den Helikopter zu schwer und mit über 90 Metern Hebehöhe für die meisten Krantypen zu hoch, fanden wir mit einem der grössten Pneukräne Europas doch eine passende Lösung. Zudem war eine genaue Ausrichtung – den Himmelsrichtungen entsprechend – gefordert.
Nach dem Zusammenbau und der Verglasung am Boden erfolgte der Aufbau des Riesenkrans. Hierfür wiederum waren ein weiterer, leichterer Pneukran und sechs Sattelschlepper mit Kranzubehör notwendig. Der eigentliche Hebe- und Platzierungsakt dauerte dann lediglich 30 Minuten. Anschliessend erfolgten die Verankerungen in die Kaminwand.» Mit dem Rückbau des Gerüsts traten auch die frischen Farben Rot und Weiss in Erscheinung und der Turm wirkt im neuen Kleid tatsächlich wie das Wahrzeichen des einstigen Industriequartiers.  ■

 

Langsam wird der Kaminkranz abgesenkt. Die vertikalen HEB-Stützen greifen in den Kamin und stabilisieren das Ganze.
Langsam wird der Kaminkranz abgesenkt. Die vertikalen HEB-Stützen greifen in den Kamin und stabilisieren das Ganze.

 

Bautafel

Objekt:

Energiezentrale Josefstrasse, Zürich

Bauherrschaft:

Entsorgung + Recycling Zürich (ERZ)

Bauleitung:

Meyer Partner Architekten GmbH, Zürich

Architektur:

Graber Pulver Architekten AG, Bern/Zürich

Kaminkranz und Fassade:

Blaser Metallbau AG, Andelfingen

Kranunternehmen:

Toggenburger + Co AG, Winterthur

 

Merkblatt

TK 011-Risikobeurteilung Einscheiben-Sicherheitsglas
www.metaltecsuisse.ch unter technik /merkblätter

 

Das Fachregelwerk Metallbauerhandwerk – Konstruktionstechnik enthält im Kap. 1.4 wichtige Informationen zum Thema «Statik und Konstruktion» und im Kap. 1.10 wichtige Informationen zum Thema «Konstruktiver Glasbau».