Der Treppenturm: ein nicht alltägliches, die Technik betonendes Werk – komplett aus feuerverzinktem Stahl.

Treppen und Geländer

Geometrisches Wunderwerk im Industriestil

Ein Industriebau der SBB aus dem Jahr 1864 im zürcherischen «Säuliamt» hatte kürzlich eine Gesamtsanierung mit Umnutzung erfahren. Zur Attraktivitätssteigerung der Wohnflächen entschied sich die Bauherrschaft, das Treppenhaus nach aussen zu verlegen und das Gebäude mit einem technisch, industriell und auch ein wenig «verrückt» wirkenden Treppenturm zu erschliessen.

Text: Redaktion / Bilder: Metallraum AG

Bei der Begehung des umfunktionierten Gebäudes direkt neben dem Bahnhof Mettmenstetten erklärte der Bauherr: «Der Innenausbau des dreigeschossigen Wohnhauses ist soweit abgeschlossen, die Umgebungsarbeiten werden in den kommenden Wochen ausgeführt. Dieses Haus wurde 1864 von den SBB als Industriebau erstellt und als Gebäude, das auf Backwaren ausgerichtet ist, genutzt. Mit der Inbetriebnahme der Eisenbahnlinie vom Säuliamt nach Zürich eröffneten sich für die Bewohner unserer Gemeinde plötzlich neue Marktchancen – was Aufschwung bedeutete. Die Zeiten, als ein Warentransport nach Zürich viele Stunden oder sogar Tage dauerte, waren vorbei. Unternehmer des Säuliamts – wie die Betreiber dieses Gebäudes – nutzten die Neuerung und stellten Backwaren her, um diese in absoluter Frische in die Stadt Zürich zu liefern und so den Markt zu bedienen.»
Es ist offensichtlich so, dass Bauherr und Architekt den industriellen Look konsequent beibehalten haben. «Zur Attraktivitätssteigerung der Wohnflächen entschieden wir uns, das Treppenhaus nach aussen zu verlegen und das Gebäude mit einem technisch und industriell wirkenden Treppenturm zu erschliessen», sagt der Bauherr und fügt an: «Wir wollten eine grosszügige, vom Trittverhältnis her angenehm und sicher zu begehende Treppenanlage, die ihre Eigenständigkeit manifestiert, die Technik hervorhebt und auch ein wenig verrückt wirkt. Ich meine, dies ist – auch dank der kompetenten Entwicklung und Ausführung der Firma Metallform AG – bestens gelungen.»

Im Grundriss gesehen entspricht die Form einem Dreieck mit abgerundeten Ecken. Der oberste Abschluss ist so konstruiert, dass später auf einfache Weise ein Dach aufgesetzt werden könnte.

Konstruktion und Geometrie

Dem Betrachter wird sofort klar, dass Geometrie und Konstruktion dieses feuerverzinkten Werks keineswegs einer alltäglichen Stahl- und Metallbauarbeit entsprechen. Zu speziell sind die Formen und somit auch das Erscheinungsbild.
Matthias Zwyssig, Inhaber und Geschäftsführer der für diesen Treppenturm beauftragten Unternehmung Metallraum AG in Lütisburg-Station, sagt beim Baurundgang: «Solche Werke bauen wir mit grosser Leidenschaft und hoher Fachkompetenz.»
Der eigenständige Freiluft-Treppenturm erschliesst das 2. und 3. Obergeschoss über jeweils eine kleine Brücke von den beiden grosszügigen Horizontalpodesten her. Zugang und Verriegelung werden über eine im Radius verlaufende, elektrisch angesteuerte Flügeltür im Erdgeschoss gewährleistet. Im Grundriss gesehen übernimmt der Treppenturm die Form eines Dreiecks mit gerundeten Ecken und ebenfalls minim gerundeten Seitenlinien – und dies für die Aussen- wie auch für die Innenwangen. Gesamthaft kamen für die Innen- und die Aussenwangen je drei unterschiedliche Radien zur Anwendung.

Blick von der Treppe über die Brücke zur Tür.

Der Stahlturm ist als Stapelkonstruktion gebaut und besteht aus vier Elementen. Unten auf den Betonfundamenten lagernd, führt das erste Element bis zum Zwischenpodest. Das zweite und das dritte Element sind bedeutend höher und überwinden je ein Geschoss. Ganz oben wiederum lagert das Abschlusselement mit identischen Dimensionen wie das unterste. Der Treppenturm weist eine Gesamthöhe von 8,30 m auf und eine Maximalbreite von rund 5,0 m. Den horizontalen Rahmen bilden lasergeschnittene Stahlblechreifen. Sie weisen einen Querschnitt von 120 x 20 mm auf. Um die Stapelung resp. die Mehrteiligkeit in optischer Hinsicht zu betonen, wurde zwischen den aufeinanderliegenden Blechreifen ein ebenfalls lasergeschnittenes Blechteil von 100 x 20 mm eingelegt. Für die Verschraubung kamen in regelmässigen Abständen eingesetzte, feuerverzinkte HV-Schrauben zur Anwendung. In nutzungstechnisch relevanten Bereichen wie beim Übergang zu den Brücken sind Senkkopfschrauben verwendet worden. Die Absturzsicherung gegen aussen sowie zum Treppenauge hin wird durch angeschweisste Rundstahlstaketen von 15 mm Durchmesser gewährleistet.

Alle Gitterroste sind mit Radius ausgeführt. Die Staketen sind auf der Wangeninnenseite angeschweisst.

Anforderungsreiche statische Dimensionierung

Die vertikale Lastabtragung auf die Fundamente erfolgt über insgesamt neun Vertikalstützen aus Rundrohr 90 mm. Daran befestigt sind einerseits die drei Zwischenpodeste aus HEB 140-Profilen sowie die aus Stahlblech 12 mm geformten Aussenwangen. Die Innenwangen – auch aus Stahlblech 12 mm – sind ebenfalls mit den erwähnten Zwischenpodesten verschraubt. Zudem tragen sie ihre Lasten auch auf die Fundamente ab. Die horizontale Stabilität wird über jeweils elementhohe Windverbände und über die Anbindung der Stahlbrücken an das Gebäude gewährleistet. Die Windverbände bestehen aus Rundstahl und sind zwischen die eingeschweissten Knotenbleche geschraubt.
Die statische Verbindung zwischen Innen- und Aussenwange wird durch eingeschweisste, lasergeschnittene und winkelförmig abgekantete Stahlbleche 5 mm gewährleistet. Diese entsprechen exakt der Anordnung der darauf lagernden Gitterroststufen.

Die vertikalen Gitterstäbe sind zwischen die Stahlblechreifen geschweisst.

«Eine der grösseren Herausforderungen bei diesem Werk lag bestimmt bei der statischen Dimensionierung. Dies aufgrund der Form – auch mit dem grossen Treppenauge – und der beschränkten Anzahl Punkte für die vertikalen Lastabtragungen», erklärt Matthias Zwyssig und fügt an: «ohne moderne 3D-Planung und ein handwerklich geschicktes und erfahrenes Team in der Werkstatt und bei der Montage wäre ein solches Unterfangen sehr schwierig zu bewältigen. Ein kleines Beispiel: Auch wenn sie nicht dominant in Erscheinung treten – die Innengeländer mit ihren auf den Staketen aufgeschweissten Rohrhandläufen hatten es in sich. Nur dank höchstem handwerklichem Geschick unserer Mitarbeitenden sind diese harmonisch und fliessend wirkend gelungen.
Eine weitere grosse Herausforderung lag bestimmt in der Stückelung der Elemente. Hier waren Bedürfnisse für die Fabrikation sowie für die Montage zu erfüllen.»

Ein angenehmes Stufenverhältnis ist gewährleistet.

Stufen mit Gitterrosten belegt

Die feinmaschigen, rutschhemmenden Gitterroststufen lagern direkt auf den erwähnten Blechprofilen und sind über Klemmhalter befestigt. Sämtliche Gitterroste – für Stufen und Podeste – wurden gemäss Planvorgaben innen und aussen in radialer Form hergestellt.

Bei den Elementtrennungen ist ein Zwischenreif eingelegt. Alle Verbindungen sind mit HV-Schrauben realisiert.

Montage

Um die Passgenauigkeit der Treppe sicher zu gewährleisten, wurde der Treppenturm im Werk der Metallraum AG elementweise zusammengestellt und auch verschraubt. Um eine sichere und speditive Montage zu gewährleisten und somit den Strassenverkehr am Montageort nicht allzu lange zu beeinträchtigen, entschieden sich die Metallbauer auch in Anbetracht der anspruchsvollen Geometrie, eine Bohrlehre aus Holz herzustellen und so die Anker vorgängig zu setzen. Die Montage der Stapelkonstruktion erfolgte dann mit einem mobilen Raupenkran. ■