Erfolgsmodell Atelierschule
Stahlbau
Wäre nicht die Glasfassade, durch die das in Weiss gehaltene Stahlfachwerk durchschimmert, hätte man keinerlei Anhaltspunkt, welch kraftvolles Tragwerk sich in dem kompakten Gebäude der Sekundarschule Laufen verbirgt. Erst von innen zeigt sich, welche Möglichkeiten der Stahlbau hier schafft.
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Stahlbau
Erfolgsmodell Atelierschule
Wäre nicht die Glasfassade, durch die das in Weiss gehaltene Stahlfachwerk durchschimmert, hätte man keinerlei Anhaltspunkt, welch kraftvolles Tragwerk sich in dem kompakten Gebäude der Sekundarschule Laufen verbirgt. Erst von innen zeigt sich, welche Möglichkeiten der Stahlbau hier schafft.
Auf den ersten Blick könnte man meinen, man stehe einer modernen Gewerbehalle gegenüber. Die Sheddächer mit der markanten Wellblech-Aluminium-Fassade beherbergen allerdings keine Maschinen, sondern Wichtigeres: die nächste Generation der Maschinenführer, sprich Schülerinnen und Schüler. Das hochkompakte Gebäude dieser Atelierschule – der Sekundarschule Laufen – ist ein Erfolgsmodell. Mit dem Prinzip seines Aufbaus hat Thomas Fischer Architekt nun bereits mehrere Wettbewerbe für sich entscheiden können, etwa die Schule Krämeracker in Uster (WB 2008) oder die 2018 realisierte Schulanlage Neuhegi in Winterthur (WB 2012).
Wenig Grund? Kein Grund zum Verzweifeln
Entscheidend bei diesen Schulbauten war es, wenig Grundstücksfläche zu beanspruchen. Stehen doch die Schulen in Gebieten, in denen Platz nicht gerade günstig und üppig vorhanden ist. Die Schule in Laufen wurde als Ersatzneubau für die bestehenden Gebäude aus den Jahren 1963 und 1972 umgesetzt, wobei in Letzteren der Lehrbetrieb während der Bauphase ohne Provisorien aufrechterhalten bleiben sollte. Daher stand für einen Neubau nur ein kleines Baufeld auf dem 13 065 m 2 grossen Schulgelände zur Verfügung. Der Neubau ist für 18 Klassen ausgelegt und beansprucht nun 2635 m 2 Grundstücksfläche bei einem Gebäudevolumen von 20 338 m 3 . Um die erforderliche Nutzfläche zu erreichen – die Geschossfläche liegt nun bei 8421 m 2 –, stapelte der Architekt die verschiedenen Nutzungen aufeinander. Die Räume, die auch für die Öffentlichkeit von Interesse sind, wie Sporthallen oder Mehrzweckräume, liegen leicht zugänglich im Erd- beziehungsweise Untergeschoss. So ist eine Nutzung auch nach Unterrichtsende einfach zu bewerkstelligen. Darüber entstehen die eigentlichen Lernlandschaften. Damit diese auch im Gebäudeinnern eine gute Belichtung bekommen, werden sie mit Sheddächern überspannt. Durch die nordseitigen Lichtbänder in den Sheddächern entsteht eine Atelier- oder Werkhallenatmosphäre, die mit ihrem zenitalen Licht den pädagogischen Ansatz unterschiedlichster Lernformen unterstützt.
Ein statisches System, so hoch wie zwei Stockwerke
Die Anordnung der Räume übereinander ergibt ein klassisches Ingenieurproblem: unten eine Halle, die knapp 30 m überspannt, und darüber Lasten von intensiv genutzten Schulräumen. Um die erforderlichen Träger nicht zu dominant werden zu lassen, lösten die Planenden dieses Problem mit Stahlfachwerken – und was für welchen! Die fünf Fachwerkträger über der Doppelsporthalle und der Aula sind doppelraumhoch (5946 mm) ausgebildet und bilden gleichzeitig die Wandebenen mit den Oberlichtern der Sheddächer. Auf den ersten Blick fallen sie gar nicht unbedingt als erforderliches Deckentragsystem für die Turnhalle beziehungsweise als hoch gehängtes Bodentragsystem des zweiten Stockwerks ins Auge. Die grosse statische Höhe führte bei den Fachwerkelementen zu einer Minimierung der erforderlichen Querschnitte. Die Obergurte dieser grossen Fachwerkträger bestehen aus HEB-400-Profilen, bei den Diagonalen finden HEA-200-, HEA-300- und HEB-300-Profile Verwendung. Die Seiten der Profile sind aus Gründen der Statik und des Korrosionsschutzes mit Stahlblechen von 15 beziehungsweise 10 mm Stärke gasdicht verschweisst. Zudem reduziert die Verschweissung die Oberfläche des Brandschutzanstrichs. Im Beton der Sporthallendecke eingegossene Träger mit HEM-180-Profil bilden den Untergurt. Für den nötigen Verbund sorgen am Steg angeschweisste Kopfbolzendübel. Auffällig sind zwischen den Diagonalstäben eingesetzte Riegel mit quadratischem Hohlprofil (RRW 200 × 200). Auf ihnen fusst die Traufe der Sheddächer. Die Idee zum statischen raumhohen Stahlträger, der öffentliche Räume überspannt, ist laut dem Architekten Thomas Fischer die Lösung für ein städtebauliches Problem und die Antwort auf die damit verbundene typologische Fragestellung. Das in der Sekundarschule Laufen elegant eingebundene Tragwerk ermöglicht daher die Umsetzung des Programms als Pavillonschule « zwischen Sporthalle und Himmel». 45 × 57 m messen die Lernlandschaften im 2. Obergeschoss unterhalb des Sheddachs. Da die grossen Fachwerkträger nur den Teil über der Sporthalle und der Aula überspannen, sind sie mit kleineren Fachwerkbindern ergänzt, die nur das Dach tragen. An der Südseite des Gebäudes bieten sie Ausbaumöglichkeiten zu stützenfreien Hallen für künftige Lernlandschaften.
Bei den kleinen Fachwerkbindern kommen nur quadratische Hohlprofile zum Einsatz. RRW 200 × 200 × 10 bilden den Ober- und den Untergurt, RRW 120 × 120 × 8 die Diagonalen. Die Lasten aller Fachwerkträger werden über Stützen in die darunterliegenden Geschosse gebracht. Die Stützen sind aus den gleichen Profilen wie die darüber stehenden Pfosten der jeweiligen Fachwerke gebildet, HEB 300 mit angeschweisstem Blech 10 mm bei den grossen Fachwerken, RRW 200 × 200 bei den kleinen. Windverbände an den Fassadenstützen aus Stahl im 1. Geschoss und im Erdgeschoss übernehmen die Aussteifung in der Wandebene. Diese Diagonalen werden je nach Belastung als HEA 200, HEB 240 oder HEB 300 ausgebildet. Auch die Stützenprofile nehmen nach unten hin von einem HEA 240 auf ein HEB 300 zu. Erst das Untergeschoss weist neben Stützen und Windverbänden auch durchgehende tragende Wandscheiben in Massivbauweise auf. Die erdberührenden Aussenwände und auch die Bodenplatte sind hierbei in wasserdichtem Beton ausgeführt. Da der Baugrund nur bedingt tragfähig ist, werden die an den Stützen punktförmig auftretenden Lasten, aber auch die Lasten der Wände über 12 m lange Bohrpfähle in den Kalkfels der Balsthal-Formation abgetragen. Im Erdbebenfall werden die Belastungen über die Windverbände in die Bohrpfähle geleitet.
Stahlbau schafft Möglichkeiten
Der Verzicht auf tragende Wände im Erdgeschoss und in den darüberliegenden Stockwerken lässt grosse Spielräume für zukünftige Nutzungsmöglichkeiten. Es ergeben sich Freiflächen mit Massen von 30 × 9,20 m. Das Stahltragwerk der Schule Laufen ist gemäss Thomas Fischer und Schnetzer Puskas Ingenieure als pragmatisches, kraftvolles Gerippe konzipiert, das die Aneignung durch Nutzung und Umnutzung unterstützt und nicht durch überkontrollierte Systemzwänge verhindert.
Effizienz durch Vormontage
Während die Gebäudedecken in Ortbeton umgesetzt wurden, kamen die Betonstützen bereits vorfabriziert auf die Baustelle. Richtig effizient wurde es bei den stählernen Fachwerkträgern. Sie wurden teilweise in der Werkstatt vorfabriziert und mit Schraubverbindungen auf der Baustelle zusammengestellt. Im montierten Zustand sind die grossen Binder 5,60 m hoch und haben eine Länge von 30 m. Auch die reinen Dachbinder weisen noch eine Höhe von 2,50 m auf. Die Fügung der einzelnen Binder erfolgte mit Schraubverbindungen. Wie der Stahlbau wurde auch die Dachkonstruktion vorgefertigt.
Das Holzdach konnte mit dem Stahltragwerk schnell montiert werden. Die Dachscheiben stabilisieren die druckbelasteten Fachwerkobergurte in Horizontalrichtung. Die Dachhaut besteht aus hinterlüftetem Edelstahlblech. Da die geneigten Dächer nach Süden ausgerichtet sind, ergänzt eine aufgesetzte Photovoltaikanlage das Dach. ■
Bautafel
Objekt:
Sekundarschule Laufen, Laufen
Bauherrschaft:
Bau- und Umweltschutzdirektion Kanton Basel-Landschaft
Tragwerksplanung:
Schnetzer Puskas Ingenieure, Basel
Architektur:
Thomas Fischer Architekt, Basel
Stahlbauunternehmen:
H. Wetter AG, Hallen, Stahl- + Metallbau, Stetten