Frauen im Metallbau
Die vermeintlichen Schwellen gibt es nicht
Ganz so exotisch sind Frauen im Metallbau nicht mehr: Der einen oder anderen begegnet man in fast jeder grösseren Werkhalle oder auf der Baustelle. Dennoch ist der Frauenanteil relativ tief. Wie fühlen sich drei Damen in einer Männerdomäne?
Die Schmid Metallbau AG ist in Frauenhand – jedenfalls die Geschäftsführung. Anita Tschopp stieg in den Neunzigerjahren in den Betrieb ihrer Familie ein, ersetzte die Schreibmaschine der Mutter durch einen PC und führte CAD ein. Seit 2007 ist sie Geschäftsführerin. Anita Tschopp fühlte sich von Beginn an voll akzeptiert von der männlichen Mehrheit. Sie ist damit aufgewachsen: Schon als Kind war sie oft mit den Jungs in der Clique ihres Bruders unterwegs.
Unter den 25 Mitarbeitenden findet man eine Metallbaukonstrukteurin und eine Metallbauerin. Andrea Senn ist seit vier Jahren als Mitarbeiterin Service und Montage für die Firma unterwegs. Von ihrer zierlichen Statur würde man nicht direkt auf eine Metallbauerin schliessen. Doch die Mittzwanzigerin ist Handwerkerin mit Leib und Seele. Ob es heute noch Leute gibt, die erstaunt sind, wenn statt des erwarteten Monteurs eine Frau erscheint? «Ja, das gibt es immer noch», bekundet die gelernte Metallbauerin EFZ. «Ältere Kunden, manchmal, aber eher noch andere Handwerker. Man ist halt schon eine Seltenheit.» Trotzdem: Akzeptiert fühlt sie sich immer in dem vermeintlichen Männerberuf.
Das bekräftigt auch Anita Tschopp: «Ob Frau oder Mann: Wer die Leistung bringt, wird akzeptiert.» Dank ihrem Charme hätten die Damen sogar eher noch einen Bonus, scherzt die Geschäftsführerin.
Wichtig im Metallbau sind das technische Verständnis und die räumliche Vorstellungskraft. Handwerkliches Geschick spielt eine Rolle, aber um schwere körperliche Arbeit geht es längst nicht mehr. Dieses hartnäckige Vorurteil gründet auf Unkenntnis des heutigen Berufsbildes.
Jugendliche ohne Vorurteile
«Manche denken, wir seien ständig am Schweissen, müssen schwere Stahlträger schleppen und so weiter. Dabei benutzen wir moderne Hilfsmittel», erklärt Andrea Senn. Aufgrund der Suva-Vorgaben hebt im Betrieb niemand mehr als 30 Kilo. Stattdessen werden konsequent Kräne genutzt.
Andrea Senn geht als Botschafterin der Nachwuchskampagne «metall+du» an Schulen, um Jugendlichen den Metallbau näherzubringen. Vorurteile spürt sie dort keine. «Die Schüler haben in diesem Alter anderes im Kopf», schmunzelt sie. Dass aber recht wenige Mädchen sich für einen handwerklichen Beruf entscheiden, findet sie schade.
Ihren Seltenheitswert sieht Andrea Senn etwas zwiespältig. Einerseits findet sie es cool, etwas Besonderes zu sein. Andererseits wünscht sie sich, dass Frauen im Metallbau selbstverständlicher wären. So weit ist es noch nicht; Andrea Senn wurde sogar schon vom «Blick» porträtiert.
Man sieht, was entsteht
Jasmin Bürgi ist seit sechs Jahren bei Schmid Metallbau. Erstaunte Reaktionen nimmt die Metallbaukonstrukteurin EFZ eigentlich nie wahr: Frau oder Mann ist kein Thema. Und im privaten Umfeld?
«Die meisten Leute haben keine Vorstellung, was eine Metallbaukonstrukteurin macht», erzählt Jasmin Bürgi. «Manche denken an den Bau, einige verstehen immerhin Metallbau: Schweissen und so? Sobald ich erkläre, dass ich im Büro am Computer Pläne erstelle, ist das Thema abgehakt.» Das Schönste am Metallbau findet sie, dass man sieht, was entsteht: ein Wintergarten, eine Treppe, eine Fassade. «Ein Heizungszeichner sieht von seinen Leitungen am fertigen Gebäude nichts. Das würde mir weniger liegen.»
Durchmischung für alle gut
Die drei Damen sind sich einig: Ziel ist nicht unbedingt ein höherer Frauenanteil. Aber eine gewisse Durchmischung ist für alle gut. Da stimmen auch die Herren zu: Der Umgang ist freundlicher, wenn eine Frau im Team ist. Geschäftsführerin Tschopp setzt nicht auf gezielte Frauenförderung, sondern auf ein harmonisches Team und individuelle, flexible Lösungen für jedermann. «Das muss man heute sowieso tun, um gute Fachleute zu finden und zu halten.»
Ihre Botschaft an talentierte Frauen: «Sich trauen! Hemmschwellen abbauen! Denn die vermeintlichen Schwellen gibt es gar nicht.» ■