August 2021
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Das Mobilitätszentrum des Tessins

Bahnhof Bellinzona

Ein erfolgreiches «Debüt» als Generalunternehmer - so kann man die Errichtung der Fussgängerbrücke am Bahnhof Bellinzona nördlich der Bahnsteige bezeichnen. Sie wurde von Officine Ghidoni – beginnend mit der Planung über Studien zu den Arbeits- und Hebemitteln und deren Organisation bis zur Errichtung - in enger Zusammenarbeit mit den verschiedenen Betriebs-, Planungs- und Sicherheitsbereichen der SBB ausgeführt.


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Die neue Erschliessungsplattform enthält Treppen, verglaste Lifttürme und eine Verbindungsbrücke.
Die neue Erschliessungsplattform enthält Treppen, verglaste Lifttürme und eine Verbindungsbrücke.

Bahnhof Bellinzona

Das Mobilitätszentrum des Tessins

Ein erfolgreiches «Debüt» als Generalunternehmer - so kann man die Errichtung der Fussgängerbrücke am Bahnhof Bellinzona nördlich der Bahnsteige bezeichnen. Sie wurde von Officine Ghidoni – beginnend mit der Planung über Studien zu den Arbeits- und Hebemitteln und deren Organisation bis zur Errichtung - in enger Zusammenarbeit mit den verschiedenen Betriebs-, Planungs- und Sicherheitsbereichen der SBB ausgeführt.

Text: Ing. Pier Giorgio Rossi, Arch. Nicolò Ruggeri (Projektleiter) von Officine Ghidoni SA, Riazzino / Bilder: Officine Ghidoni SA

Mit Ausnahme der von SBB und der Bauleitung koordinierten architektonischen Planung und des Konstruktionsentwurfs war es unsere Aufgabe, die Fundamente, Metallbauten, Aufzüge, Fussböden, Verglasungen, Beleuchtung und Verkleidungen bis ins kleinste Detail sorgfältig auszuführen. Dafür waren ein starkes Engagement und eine reibungslose Koordination erforderlich, die letztlich den erfolgreichen Abschluss des Projekts in der geplanten Zeit und zu den vorgesehenen Kosten ermöglicht haben.

Planung und Management

Ausgehend vom anfänglichen Projekt wurde die Detailplanung ausgearbeitet, die mindestens acht für die konstruktive Festlegung erforderliche Kompetenzen umfasst. Es wurden grosse Anstrengungen bei der Vorkoordinierung unternommen, um das Projekt zu optimieren und dessen Details kompatibel, harmonisch und langlebig zu gestalten: eine bedeutende Koordinierungsaufgabe des Projektleiters hinsichtlich Kompatibilität, Lösungen und Zeitaufwand.
Das Arbeiten an Gleisen, in diesem Fall auch über den Gleisen, stellte eine weitere Komplikation für die Montageplanung dar, denn die «Zeitfenster» müssen lange im Voraus geplant und genau eingehalten werden. Ein weiteres, sehr wichtiges Thema sind die Sicherheitsmassnahmen, die in einem solchen Zusammenhang mit SBB koordiniert und implementiert werden müssen.
Es handelte sich in der Tat um eine erhebliche Herausforderung im Hinblick auf Planung und koordinierte Projektabwicklung, die das Unternehmen dank seiner fachübergreifend ausgebildeten Mitarbeiter meistern konnte.
Das Projektmanagement als Ausbildungsfach sollte gewiss stärker berücksichtigt werden, da die Auftraggeber immer häufiger dazu neigen, auf Generalunternehmer zurückzugreifen, die nicht unbedingt aus dem Tiefbau kommen. Da es sich in diesem spezifischen Fall vorwiegend um Metallbauten handelt, hat die Auftraggeberin SBB hier die vernünftigste Entscheidung getroffen.
Für Officine Ghidoni war es ein innovativer Ansatz, auch soweit es die Substanz des Projekts angeht. Die von einem 3D-Modell ausgehende Projektentwicklung hätte Basis und Leitlinie für eine BIM-Konstruktion (Building Information Modeling, auf Deutsch Bauwerksdatenmodellierung) sein sollen, eine Methode zur Optimierung von Planung, Ausführung und Management von Gebäuden auf einer gemeinsamen Basis.
Mit dieser Methode werden alle allgemeinen Projektdaten eines Bauwerks gesammelt, geteilt, verwaltet und digital verknüpft. Das Gebäude ist als geometrisches 3D-Modell visualisierbar.
Doch trotz des unter Beweis gestellten guten Willens, über die klassische Planung (jeder plant die Bestandteile seiner eigenen Leistung, wodurch sich das Matching-Fehlerrisiko erhöht, der Organisationsbedarf steigt, und die Projekt- und Ausführungsdynamik reduziert wird) hinauszugehen, konnte dieses Ergebnis nur teilweise erreicht werden, da nicht alle Akteure für eine solch innovative Planung ausgerüstet waren.

Alle Oberflächen der Aufzugstürme, der Dächer sowie der seitlichen Brüstungen von Brücke und Treppen sind mit Glas verkleidet.
Alle Oberflächen der Aufzugstürme, der Dächer sowie der seitlichen Brüstungen von Brücke und Treppen sind mit Glas verkleidet.

Herstellung

Was die Herstellung der Tragwerke betrifft, kann man nicht behaupten, dass ein Bauwerk mit drei Aufzugstürmen, drei Treppen und dem eigentlichen Laufsteg eine besondere Herausforderung war, denn dies gehört zu den normalen Tätigkeiten im Metallbau. Entscheidend war vielmehr, ein koordiniertes, operatives Team zu bilden, denn wie beim Sport kann nur die Mannschaft gewinnen, die mit vereinten Kräften ein gemeinsames Ziel anstrebt. 

Montage

Die Planung und Abwicklung von Montagearbeiten in einem Bahnhof ist immer sehr schwierig, da mit Ausnahme einiger Zeitnischen, in denen grössere Aktionen ausgeführt werden können, der Verkehr eigentlich nie zum Stillstand kommt.
Es ist daher notwendig, zusätzlich zu den normalen Vorsichtsmassnahmen bedeutende Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Abgesehen von dem, was auf den Schienen passiert, müssen auch die elektrischen Leitungen beachtet werden, die beim Heben und Umsetzen ein grosses Hindernis darstellen. Bei diesem Bauvorhaben lagen nicht nur die eben genannten Umstände vor, sondern die Arbeiten wurden auch dadurch erschwert, dass es nur einen einzigen möglichen Zufahrtsweg im Park+Rail-Bereich an der Seite des Bahnhofsplatzes gibt.
Diese erheblichen, auf der Baustelle vorhandenen Einschränkungen erforderten den Einsatz grosser Autokräne zum Manövrieren der Metallelemente. Um das Aufstellen zu erleichtern, mussten spezielle Ausrüstungen (Hebekonstruktionen usw.) geplant und angefertigt werden, um die Kabel der verschiedenen Stromleitungen zu umgehen.
Als erste Baumassnahme mussten die Fundamente für die Aufzüge ausgeführt werden. Danach wurde die Stützkonstruktion aufgestellt, dann die tragenden Säulen und die beiden Hauptabschnitte des Laufstegs, die Verbindungen zwischen Brückenabschnitten und Lift und schliesslich die Treppen für den Zugang von den drei Bahnsteigen.
  

Die örtlichen Einschränkungen erforderten den Einsatz grosser Autokräne und Hebekonstruktionen um die Kabel der verschiedenen Stromleitungen zu umgehen.
Die örtlichen Einschränkungen erforderten den Einsatz grosser Autokräne und Hebekonstruktionen um die Kabel der verschiedenen Stromleitungen zu umgehen.

Die Struktur

Der aus einer einfachen Rahmenstruktur bestehende Stahlbau wird von schlanken Säulen gestützt, mit Verstrebung durch die Kästen der Zugangstreppen und die Aufzugstürme. Die vollverglasten Aufzugstürme sind mit jedem Komfort ausgestattet und bis ins kleinste Detail durchdacht, um die Grösse der Türme so gering wie möglich zu halten.
Die von einem Blechkasten getragenen Fussböden aus Stahlbeton haben einen Belag aus Calanca-Stein. Alle Oberflächen der Aufzugstürme sowie der Dächer sind mit Glas verkleidet; die seitlichen Brüstungen der Brückenabschnitte und Treppen sind ebenfalls aus Glas.  ■

Bautafel 

Objekt:

SBB Station Bellinzona

Ingenieur:

Spataro Petoud Partner SA, Bellinzona

Architekt:

Ambrosetti Mozzetti Siano Architetti, Bellinzona

Stahl-/ Metallbauer:

Officine Ghidoni SA, Riazzino

Das Fachregelwerk Metallbauerhandwerk – Konstruktionstechnik enthält im Kap. 1.4 wichtige Informationen zum Thema «Statik und Konstruktion» und im Kap. 1.10 wichtige Informationen zum Thema «Konstruktiver Glasbau».