Bewertung von absturzsichernden Fenstern mit Öffnungsbegrenzern
Fensterbau
Wenn Fenster im geöffneten Zustand keine Absturzsicherung gewährleisten, sind entsprechende sicherheitstechnische Massnahmen zu ergreifen. Der Einbau eines Öffnungsbegrenzers kann dabei die Lösung sein. Jedoch dürfen hierfür nur geprüfte und zertifizierte Produkte zur Anwendung kommen. Empfehlungen für die praktische Umsetzung finden sich im Beitrag.
Login
Danke für Ihr Interesse an unseren Inhalten. Abonnenten der Fachzeitschrift metall finden das Login für den Vollzugriff im Impressum der aktuellen Printausgabe. Das Passwort ändert monatlich.
Jetzt registrieren und lesen. Registrieren Sie sich um einzelne Artikel zu lesen und einfach per Kreditkarte zu bezahlen. (CHF 5,- pro Artikel)
Als registrierter Benutzer haben Sie jederzeit Zugriff auf Ihre gekauften Artikel.
Sollten Sie als interessierte Fachkraft im Metall-, Stahl- und Fassadenbau die Fachzeitschrift metall tatsächlich noch nicht abonniert haben, verlieren Sie keine Zeit und bestellen Sie Ihr persönliches Abonnement gleich hier.
Fensterbau
Bewertung von absturzsichernden Fenstern mit Öffnungsbegrenzern
Wenn Fenster im geöffneten Zustand keine Absturzsicherung gewährleisten, sind entsprechende sicherheitstechnische Massnahmen zu ergreifen. Der Einbau eines Öffnungsbegrenzers kann dabei die Lösung sein. Jedoch dürfen hierfür nur geprüfte und zertifizierte Produkte zur Anwendung kommen. Empfehlungen für die praktische Umsetzung finden sich im Beitrag.
Unter absturzsichernden Verglasungen versteht man Verglasungen, die verhindern sollen, dass Personen auf eine tieferliegende Ebene stürzen. Beim Anprall soll die Verletzungsgefahr gering sein. Zudem darf der unterhalb liegende Verkehrsraum nicht durch Bruchstücke gefährdet werden. Absturzsichernde Verglasungen müssen in der Lage sein, sowohl stossartige Einwirkungen als auch statische Einwirkungen sicher abzutragen. Bauteile, die gegen Absturz sichern, sind nach den technischen Baubestimmungen nachzuweisen.
Aus bauphysikalischen und architektonischen Gesichtspunkten besteht vermehrt die Forderung, öffenbare Elemente wie Fenster und Fenstertüren anstelle von Festverglasungen, Geländern und Umwehrungen einzusetzen. Werden diese bodentiefen Fensterflügel zu Lüftungs-, Reinigungs- und Wartungszwecken teilweise oder ganz geöffnet, ist die Absturzsicherung nicht vorhanden. Fenster, die zu öffnen sind und die gegen Absturz sichern müssen, sind nicht geregelte Bauprodukte, da es keine technischen Baubestimmungen und keine allgemein anerkannten Regeln der Technik für sie gibt.
In vielen Objekten werden derartige Fenster allerdings eingesetzt. Nun stellt sich also die Frage, wie die Sicherheit gegen Absturz sichergestellt und nachgewiesen werden kann. Grundsätzlich sind die am Bau Beteiligten bei der Errichtung dafür verantwortlich, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Aufgrund der stetigen Nachfrage hat das ift ein Prüfkonzept für öffenbare Fenster mit Anforderungen an die Absturzsicherheit entwickelt.
Welche Anforderungen werden an Fenster mit Öffnungsbegrenzern gestellt?
Allgemeine Anforderungen an Fenster sind in der Norm SIA 331 Fenster festgelegt. Die Leistungseigenschaften sind über die Leistungserklärung gemäss harmonisierter Produktnorm SN EN 14351-1 geregelt. Absturzsichernde Fenster müssen den zu erwartenden Belastungen standhalten.
Auszug aus der Norm SIA331
2.7.4 Personenschutz
2.7.4.1 Fenster sind so zu projektieren und auszuführen, dass Bedienung und Instandhaltung keine Gefahr darstellen.
Auszug aus der Norm SN EN 14351-1
4.8 Tragfähigkeit von Sicherheitsvorrichtungen
Sicherheitsvorrichtungen (z. B. Befestigungsvorrichtungen und Fangscheren, Feststeller und befestige Sicherungsvorrichtung für Reinigungszwecke) müssen, wenn sie in Übereinstimmung mit der vom Hersteller veröffentlichten Bedienungsanleitung vorhanden und in Betrieb sind, das Türblatt oder den Fensterflügel 60 Sek. in der ungünstigsten Position (d. h. Lage, Richtung) bei einer Last von 350 N halten können.
Diese Schwellenfestigkeit muss durch Prüfungen nach SN EN 14609 oder SN EN 948 (Referenzverfahren) oder durch Berechnung nachgewiesen werden.
Die Rahmenprofile müssen die Lasten, die in der Verglasung/Füllung auftreten, in den Baukörper einleiten (Bild 3). Bei absturzsichernden Fenstern müssen die tragenden Teile der Konstruktion einschliesslich der Verankerung im Baukörper den einschlägigen technischen Baubestimmungen entsprechen. Der Nachweis kann durch dynamische (Pendelschlag) oder durch statische Versuche (Tragfähigkeit) geführt werden. Bei statischem Versuch wird für die Befestigung zum Baukörper eine Tragfähigkeit je Befestigungspunkt von > 2,8 kN (Bruchlast) in der massgeblichen Belastungsrichtung gefordert. Die Lastableitung muss vom absturzsichernden Bauteil bis in den tragenden Baugrund durch eine Fensterstatik nachgewiesen sein. Im beschriebenen Fall wird in der Regel durch den Einsatz von Öffnungsbegrenzern verhindert, dass ein Flügel vollständig geöffnet werden kann.
Die Leistungsanforderungen an die Festigkeit, Dauerfunktionstüchtigkeit sowie Korrosionsbeständigkeit von Beschlägen für absturzsichernde Fenster legt die Normenreihe SN EN 13126 ff. fest. Der Beschlag und der Öffnungsbegrenzer müssen mindestens die Anforderungen an die Dauerfunktion von 20 000 Zyklen und eine Korrosionsbeständigkeit der Klasse 5 erreichen. Die Klasse der Gebrauchssicherheit ist für Öffnungsbegrenzer und ein nach innen öffnendes Fenster auf 3/3 festgelegt. Klasse «3/x» entspricht einer Öffnungsweite < 89 mm und «x/3» einem Pendelschlagversuch in Öffnungsrichtung mit einer Fallhöhe von 450 mm bei der Stossprüfung. Damit ist auch der Lastfall «Wind» für ein geschlossenes, aber nicht verriegeltes Fenster abgedeckt.
Wie der Dübel und die Schraube zum Sicherheitskonzept für die Befestigung des Rahmens im Baukörper, so muss auch der Beschlag mit Öffnungsbegrenzer im Fensterrahmenprofil zusammen funktionieren. Da aber nicht alle Kombinationen der Beschläge und Öffnungsbegrenzer im Fenster geprüft sind, müssen die Wechselwirkungen und damit die Kraftverteilungen (Winkel, Abstände etc.) bewertet werden.
Absicherung der Beanspruchungsszenarien durch Prüfung
In der Hauptsache sind drei Teilaspekte bei der Prüfung von öffenbaren Fenstern mit Anforderungen an die Absturzsicherheit von Interesse:
- das Verhalten bei dynamischer Belastung (Fehlbedienung, Anprall etc.)
- die Dauerhaftigkeit bei wiederholter Bedienung (normale Nutzung, Dauerfunktionsprüfung)
- der Widerstand der Konstruktion gegenüber Manipulationsversuchen (unerlaubte Veränderung der sicherheitsrelevanten Bauteile).
Je nach geplanter Konstruktion, Einbausituation und besonderen Anforderungen sowie den Forderungen der genehmigenden Behörde können die Probekörper, Schwerpunkte und Inhalte der Prüfungen aber auch variieren. Dazu ist im Vorfeld eine enge Abstimmung der Beteiligten erforderlich.
Stossbelastung in Angriffsrichtung von innen nach aussen
Absturzsichernde Fenster müssen alle Anforderungen im geschlossenen Zustand und geöffnet mit Öffnungsbegrenzer im Anschlag erfüllen. Das Versagenskriterium ist das Abreissen oder die Beschädigung des Öffnungsbegrenzers mit Auswirkungen auf die Schutzfunktion.
Dauerhaftigkeit bei wiederholter Bedienung
Die Dauerhaftigkeit der Öffnungsbegrenzer muss durch wiederholtes Öffnen und Schliessen des Flügels mit maximalem Flügelgewicht und ungünstigstem Format durch die Prüfung der Dauerfunktion sichergestellt werden. Der Flügel wird ausschliesslich vom Öffnungsbegrenzer im Öffnungsvorgang gestoppt. Die Bezugsgeschwindigkeit von 0,5 m/s ist unabhängig von der Flügelmasse und muss vor Erreichen der vorgesehenen begrenzten Öffnungsstellung erreicht sein. Die Anzahl der Zyklen ist auf 20 000 festgelegt.
«Die Dauerhaftigkeit der Öffnungsbegrenzer muss durch wiederholtes Öffnen und Schliessen des Flügels mit maximalem Flügelgewicht und ungünstigstem Format durch die Prüfung der Dauerfunktion sichergestellt werden.»
Manipulationssicherheit
Die Befestigung des Öffnungsbegrenzers und/oder bei zweiteiligen Systemen des Verriegelungsmechanismus ist gegen unbefugtes Demontieren und Lösen der sicherheitsrelevanten Bauteile mittels Kleinwerkzeug mit geeigneten Massnahmen zu sichern. Von einer ausreichenden Manipulationssicherheit ist auch auszugehen, wenn die Bauteile so verbaut liegen, dass ein Zugriff von der Angriffsseite praktisch ausgeschlossen ist. Durch einen manuellen Angriff wird versucht, die Schutzfunktion ausser Kraft zu setzen. Die Prüfung ist bestanden, wenn die maximale Öffnungsweite mit den vorgegebenen Werkzeugen und innerhalb der Angriffszeit eingehalten ist.
Die beschriebenen Prüfungen bauen aufeinander auf und müssen in der im ift-Prüfkonzept vorgegebenen Reihenfolge geprüft werden. Zwischen den Prüfabschnitten erfolgen eine Sicht- und Funktionsprüfung und eine Prüfung der Öffnungsweite unter Vorlast auf Griffhöhe.
Prüfung der Öffnungsweite
Bei einem absturzsichernden Fenster ist die Öffnungsweite auf maximal 89 mm begrenzt. Damit wird auch der Durchlass von kleinen Kindern im Alter von neun bis zwölf Monaten nach CEN/TR 13387 verhindert. Wird das Öffnungsmass an einer Stelle überschritten, so gilt die Prüfung als nicht bestanden. Im Rahmen der Zulassung kann die Baubehörde – abhängig von den örtlichen Gegebenheiten und der Gefährdung – eine abweichende Öffnungsweite (z. B. <120 mm ) festlegen, die dann im Rahmen der Nachweise zu prüfen ist. Eine Veränderung der Öffnungsweite zwischen einzelnen Prüfschritten ist mit einer maximalen Veränderung von 10% der vor der Prüfung eingestellten und gemessenen Öffnungsweite begrenzt und darf dabei nie das festgelegte Mass überschreiten. Ergibt sich die Öffnungsweite durch zusätzliche fest verbaute Teile und dem Flügel, z. B. bei Einsatzelementen in Pfosten-Riegel-Fassaden, gelten diese Ausführungen entsprechend.
Fazit
Auch Fenster mit Öffnungsbegrenzern können als absturzsichernde Elemente eingesetzt werden. Mit dem zuvor beschriebenen ift-Prüfkonzept können verschiedene Kombinationen geprüft und bewertet werden. Auf Grundlage einer Gefährdungsanalyse können das Sicherheitsniveau und die Öffnungsweite definiert werden.
Für den Planer empfiehlt es sich, dabei weitere Faktoren anzustreben und zu berücksichtigen wie
- eine funktionale Redundanz,
- die Kennzeichnung des Betriebszustandes,
- Inspektions- und Wartungspläne sowie
- eine Nutzungsvereinbarung.
Für die Ausführenden gilt es, die einzelnen Bauteile sensibel auszuwählen. Ebenfalls müssen sie von ihrer Hinweispflicht Gebrauch machen, da ein Fenster mit Öffnungsbegrenzer als absturzsicherndes Bauteil nicht geregelt ist und dies vor Ausführung mit dem Bauherrn geklärt werden muss. Ein Systemgeber kann für den Planer und Fensterbauer vorgeprüfte Fenstersysteme für die verschiedenen Anwendungsfälle anbieten. Auch hierfür ist das beschriebene Prüfkonzept eine gute Ausgangsbasis. ■
Hinweis der Redaktion
Gemäss Recherche haben einzelne Systemlieferanten den Auflagen entsprechende Öffnungsbegrenzer entwickelt und diese in Kombination mit ihren Fensterelementen beim ift Rosenheim erfolgreich prüfen lassen.
Auch verschiedene Beschlägelieferanten verfügen über vom ift Rosenheim erfolgreich geprüfte und zertifizierte Beschlagseinheiten, die in verschiedenen Profilsystemen einsetzbar sind.
Wer mit «Fenstersicherung durch Öffnungsbegrenzer» konfrontiert wird, dem sei empfohlen, sich bei den für ihn in Frage kommenden System- und Beschlägelieferanten im Detail über die Möglichkeiten sowie den Stand der Entwicklungen informieren zu lassen.
Um einen Haftungsausschluss gegenüber der Bauherrschaft zu erreichen, sollte mit dem Bauherrn eine Nutzungsvereinbarung getroffen werden. Die Nutzungsvereinbarung regelt die regelmässige Wartung und Funktionsprüfung der Öffnungsbegrenzer und Fenster. Bei Bedienung oder Manipulation, die nicht der Vereinbarung entsprechen, haftet der Bauherr.