Schmiedefest in Charmey
Äxte für die Pariser Notre-Dame
Das freiburgische Val-de-Charmey liess an der «Fête de la Saint-Jacques» das traditionelle Schmiedehandwerk wiederaufleben. Wir erlebten einen der letzten Schweizer Treichelschmiede bei der Herstellung von Kuhglocken (Treicheln) und einen Kunstschmied, der Äxte schmiedet wie im Mittelalter. Äxte, wie sie demnächst beim Wiederaufbau der Pariser Notre-Dame zum Einsatz kommen werden.
Erstmals nach Jahren feierte die kleine Gemeinde im Greyerzerbezirk Ende Juli wieder ihre traditionsreiche «Sennen-Chilbi» zu Ehren von Sankt Jakob. Nicht nur Bratwürste an Marktständen, Trachtenträger an Alphörnern und Alpkäse auf Maultieren gab es dabei zu geniessen und zu bestaunen, sondern vor allem auch das alte Schmiedehandwerk.
Die Forge de la Tzintre ist eine alte Schmiede von 1870 mit kleinem Museum, deren Trägerverein bei der Organisation des Festes eine der Hauptrollen spielt. Frédy Roos, ein Nachkomme der Gründerfamilie, kümmert sich darum, dass die Schmiede noch heute so aussieht wie in den 1920er- und 1930er-Jahren. Zusammen mit seinen Vereinskollegen bietet er dort Besichtigungen mit Führung an. Die Besucher erleben dabei, wie man damals mit Schmiedefeuer, Amboss und Hammer Metallgegenstände herstellte. An der «Fête de la Saint-Jacques» am Wochenende vom 29. und 30. Juli war das Museum für jedermann frei zugänglich, und zwei ganz besondere Schmiedemeister führten in der alten Schmiede ihre Handwerkskunst vor.
Glocken für idyllisches Bimmeln auf der Alp
Am Samstag war Pierre Turrian an der Schau präsent. Er stammt aus dem Pays d’Enhaut, begann seine Lehre 1965 und ist heute einer der letzten aktiven Treichelschmiede der Schweiz. Am Schmiedefest führte er vor, wie er auf traditionelle Weise eine solche Kuhglocke (Treichel) hergestellt.
Traditionshandwerk mit einem ganz speziellen Aktualitätsbezug erlebte man am Sonntag mit Serge Turberg. Der ehemalige Metallbauer aus dem Berner Jura hat sich nach der Frühpensionierung vor zwei Jahren vor allem der Arbeit als Kunstschmied gewidmet: Für historische Restaurierungen stellt er Ersatzteile für Baudenkmäler her, alte Türschlösser, Geländer, Fenstergitter und dergleichen mehr.
Äxte für den Wiederaufbau der Pariser Notre-Dame
Im Jahr 2019 brannte die berühmte gotische Kathedrale Notre-Dame de Paris nieder. Nach dem Grossbrand wird sie derzeit originalgetreu wiederaufgebaut. Dabei soll der Dachstuhl mit Werkzeugen erstellt werden, wie sie im dreizehnten Jahrhundert verwendet wurden. Hier kommt das vielseitige Fachwissen von Serge Turberg ins Spiel. Da er auch Förster und Schreiner war, kennt er sich nicht nur mit Metall aus, sondern auch mit Holz. Und genau darum geht es in der Notre-Dame: Indem man die Balken des Dachstuhls mit mittelalterlichen Werkzeugen beschlägt, soll er die typischen Merkmale des Originals wiedererhalten.
Zusammen mit 24 Zimmerleuten aus ganz Europa arbeitete Turberg an einem Prototyp. Mit zahllosen Experimenten und langen Recherchen fand er heraus, wie eine Axt damals aussah und wie sie nachzubauen ist. Dreissig solcher Äxte liefert er nun bis September nach Paris, wo eigens geschulte Zimmerleute die Balken mit seinen Äxten genau wie im Mittelalter behauen werden.
Am letzten Juli-Wochenende in Val-de-Charmey konnte das interessierte Publikum hautnah mitverfolgen, wie Serge Turberg eine mittelalterliche Axt herstellt. Vertreter von AM Suisse, dem Dachverband der Metallbau-, Landtechnikbranche und der Hufschmiede, waren als Besucher mit dabei.
Sie finden eine Bildgalerie und Videos unter folgendem Link auf der Website von AM Suisse: Hier ■